Haag
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Haager Chroniken

Im September 2012 gaben
Dr. Elisabeth und Dr. Ludwig K. Walter
eine Zusammenstellung
mehrerer über Haag bekannter Schriften heraus.
Dr. Ludwig K. Walter
ist kurz vor der Absiedlung in Haag geboren.

Das sehr umfangreiche Werk (über 500 Seiten) trägt den Untertitel Gewidmet den Alt-Haagern und allen Ausgesiedelten und ihren Nachkommen im 75. Jahr des Verlustes der Heimat. (Bezugsquelle, oder Frau Hammer in Vilseck, Tel. 09662 1212)

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Das ehemalige Dorf
Haag

Das einstige Pfarrdorf Haag (Foto aus 3) oder wie es im Volksmund hieß „Hoch“ wurde 1938 ab- und aufgelöst, weil es im Kerngebiet der Erweiterungsfläche des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr lag.

Auf dieser alten Karte aus der Zeit vor der Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr sind viele der ehemaligen Orte eingezeichnet. Von Haag entfernt lagen (Luftlinie) Auerbach gut 9 km nordwestlich (nw), Grafenwöhr ca. 10 km nordöstlich (nö), Eschenbach ca. 11 km nö, Kirchenthumbach ca. 9,2 km nördlich (n), Vilseck ca. 7,8 km südöstlich (sö), Hopfenohe ca. 5,5 km nw, Pappenberg ca. 4 km nö, Oberfrankenohe ca. 5 km n, Bernreuth gut 6 km westlich (w), Langenbruck knapp 4 km sö, Hellziechen knapp 2 km sö, Dornbach ca. 7,2 km nw, Ebersberg knapp 5,5 km w und Kaundorf ca. 2,5 km nw. (siehe auch BayernAtlas)

Ortsnamen und älteste Geschichte
Zahlreiche Orte und Ortsteile in Bayern und in Österreich tragen den Namen Haag. Dieser leitet sich wohl ab vom germanischen Wort haga bzw. hag, das soviel bedeutet wie Umzäunung, Gehege und damit schließlich Schutz. Wir kennen in diesem Sinne ja noch die Begriffe hegen und behaglich.
In der Zweidlerschen Karte von 1597 (hier ein Ausschnitt) wird der Ort noch Hag geschrieben, was dann wohl der urspünglichen Namensform entspräche.

Auch einige der umliegenden Ortschaften haben in dieser über 400 Jahre alten Landkarte noch andere bzw. anders geschriebene Namen als heute.

Haag entstand wohl, wie zahlreiche andere Ortschaften der Gegend, im 9./10. Jahrhundert als fränkische Gründung. Wahrscheinlich deshalb wird in den ältesten Zeugnissen die Ortschaft auch Frankenhag genannt.

1123 wurde die Mühle in Haag
vom Bamberger Bischof Otto I.
dem von ihm kurz zuvor (23. Mai 1121)
gegründeten Benediktinerkloster Ensdorf
übergeben. Ob diese Mühle
zu diesem Zeitpunkt schon
von einer Ansiedlung umgeben war,
ist nicht bekannt, aber doch wahrscheinlich.
(nach 2, Seite 11 ff)
Das Foto zeigt den Mühlweiher
mit der Pfarrkirche St. Vitus (Veit),
die auf einer kleinen Anhöhe stand.

Das Haus links, das sich wie die Kirche im Weiher spiegelt, trug die Nummer 46 (beim Binder) und wurde erst im 19. Jahrhundert von den Ostermanns (Nr. 7, beim Oazgrober) errichtet.

Letzter Eigentümer von Nr. 46
vor der Ablösung war Georg Walter.
Sohn Ludwig (heute in Würzburg)
kam hier im Dezember 1937
als letzter männlicher Haager
zur Welt. (Foto aus 7)

Die oben angesprochene Mühle vom Jahr 1123
hatte die Hausnummer 17 (beim Müller),
stand etwas weiter südlich als Nr. 46,
und direkt an der Frankenohe.
Im Jahr 1123 ist die früheste
bisher bekannte Nennung von Haag.
Zur weiteren Orientierung habe ich
rot den Pfarrhof, gelb die Kirche
und grün das Schulhaus markiert.

Ein weiteres altes Zeugnis über Haag stammt aus dem Jahr 1487. Am 3. Oktober jenen Jahres genehmigte der Bamberger Fürstbischof Heinrich III. Groß von Trockau (reg. 1487-1501) eine Frühmesse in der Kapelle des hl. Veit. (siehe hier)

Einzelne Anwesen in Haag
Haag hatte zuletzt 75 Hausnummern und über 500 Einwohner. Die Ortschaft war die bevölkerungsreichste im gesamten Erweiterungsgebiet des Truppenübungsplatzes.

Hausnummer 19, beim Wintertoni (früher beim Lenz)

Das Anwesen Nr. 19 war früher
ein bambergisches Lehen.
1750-88 gehörte es dem Lorenz Brand.
Nach ihm hatte es den Hausnamen beim Lenz.
1885 erwarb es der Büttner Michael Winter
aus Auerbach. Er heiratete die Krämerstochter
Magdalena Probst von Haag und bewohnte
mit seiner Familie das Haus Nr. 36.
Nr. 19 war zunächst vermietet. Später zog
Anton Winter mit seiner Frau Maria hier ein.
Sie betrieben ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt.

Anton Winter
mit seiner Frau Maria
bei der Hochzeit.
Der Wintertoni
spielte Quetschn (Ziehharmonika)
und war ein beleibter Unterhalter
bei verschiedenen Anlässen.
Die Braut Maria
war eine geb. Kergl
von HNr 21 in Haag,
also praktisch die Nachbarstochter.

Auf diesem alten Familienfoto,
das kurz vor der Ablösung entstand,
sind von links Tochter Klara,
Vater Anton Winter (Wintertoni),
Sohn Hans (+ 2007 in Auerbach),
Mutter Maria Winter
und Tochter Betty (verh. Preininger, Auerbach)
zu sehen. (alle drei Fotos aus 10)

Sterbebild des Wintertoni (aus 7)

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Hieran arbeite ich noch!
Für die leihweise Überlassung
von Fotos und Informationen
über einzelne Anwesen Haags
wäre ich sehr dankbar.
(Tel. 09643 683)

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Haag (Foto aus 3) war zuletzt eine selbständige Pfarrei (erst seit 1876; vorher gehörte es zu Hopfenohe) und hatte selber eine Schule, die wahrscheinlich zwischen 1554 und 1557 unter Kurfürst Ottheinrich als „deutsche Schule“ gegründet worden war.
Anno 1920 gab es „am Hoch“ 72 Anwesen, darunter fünf Wirte, zwei Metzger, vier Kramläden und zahlreiche Handwerker. Im gleichen Jahr waren u. a. ein Pfarrer, ein Lehrer, eine Lehrerin, ein Gendarm, ein Förster und ein Bader im Ort.

Die Anwesen von Haag lagen praktisch zu beiden Seiten der alten Reichsstraße 85, die hier gelb markiert ist. (grün ist die heutige B 85, rot die westliche Grenze des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr)

Haag war sozusagen der wirtschaftliche und der kulturelle Mittelpunkt für die ländliche Bevölkerung der umliegenden Ansiedlungen wie Dorfgänlas, Dörnlasmühle, Frohnhof, Hammergänlas, Hebersreuth, Kaundorf, Leuzenhof, Ober-, Unter- und Schlossfrankenohe, Sommerhau, Wolframs und Zeltenreuth

Auch in Hebersreuth, knapp einen Kilometer westlich von Haag gelegen, wurden aus einst stolzen Anwesen (links) kümmerliche Ruinen (rechts). Beide Fotos zeigen nämlich das Anwesen Nr. 5 (Mätzner, Hausname "beim Bannat"), zu dem vor der Ablösung 140 Tagwerk Grund und eine Fischzucht mit 20 Tagwerk Fischwasser gehörten.

Bei der Ablösung
war das Dorf Haag
die größte und auch
bevölkerungsreichste
Gemeinde im
Erweiterungsgebiet
des Übungsplatzes.
(Postkarte aus 4)

Die nächste Eisenbahnstation war der Bahnhof Langenbruck, ca. 6 km südöstlich gelegen. Arzt und Apotheke suchten die „Hocher“ in Vilseck auf. Rentamt (heute Finanzamt) und Amtsgericht lagen im ca. 9 km nordwestlich entfernten Auerbach, das zuständige Bezirksamt (heute Landratsamt) war in Eschenbach.

„Am Hoch“, wie Haag
im Volksmund genannt wurde,
war sogar eine eigene Postagentur
eingerichtet. Das Foto zeigt
den Postagenten Wolfgang Huber
vor seinem Haus (Nr. 50) in Haag.
(1, Seite 105ff) 

Die Hauptstraße
von Haag
um 1910
(Foto aus 7)

Das Halsgericht Auerbach
Die Halsgerichtsbarkeit war im Mittelalter die Rechtssprechung, die  bestimmte Vergehen mit Verstümmelung oder gar dem Tod bestrafte. Der Landrichter von Auerbach übte lange Zeit diese, auch Blutgerichtsbarkeit genannt, aus. Haag spielt bei der Grenzbeschreibung eine gewisse Rolle.

 

Diese Karte (5, Seite 63) zeigt einmal den Umfang des Landgerichts Auerbach, das z.B. bis vor die Tore Erlangens und Forchheims reichte. Das Halsgericht Auerbach umfasste nur einen kleinen Teil des Landgerichtsbezirks. Die Grenze des Halsgerichts Auerbach – der Galgen stand auf dem Sandsteinfelsen Rabenstein (heutige Straßennamen Galgenberg und Am Rabensteig) – wird anno 1449 so beschrieben: Dorf Hage (Haag), wo Straß von Pappenberg zur Hellziechen gehet – Hebersreut – Zentenreut –krumme Linten – Meinfellt hinter Grunreut – Flus Pegnitz zu Berg bei Weidelwang – zu Berg bei Hamer Legantz (Ligenz) Muledorrff (Mühldorf) – Krausmühle – Newenzirckendorff – zwischen Dagmans (Tagmanns) und Höfleins (Höflas) – Somerhave (Sommerau) – Ernstfelt - Portenreut – an der Frankenohe hinterm Gnenleins (Gänlas) – Haag.
"Gnenleins" war das alte Hammergut Gänlas (Hammergänlas),  gehörte zur Gemeinde Nunkas und lag gut einen Kilometer nordwestlich von Haag zu beiden Seiten der alten Reichsstraße 85.

Die hier abgebildete
Schlossschänke
in Hammergänlas,
in der wie in vielen Wirtshäusern
der Gegend, Bier der dortigen
Schlossbrauerei  ausgeschenkt
wurde, war eine gern- und
vielbesuchte Gaststätte.

Wie bedeutend die Ortschaft Haag einst war zeigt auch die Tatsache, dass der Auerbacher Chronist Köstler ihm um 1900 ein Buch (mit über 300 Seiten) seiner 27bändigen handgeschriebenen Chronik gewidmet hat. (6) Eine leichter als das Original lesbare Transskription findet man in den Haager Chroniken. (8, Seite 165 ff)

Zeitzeugnis von 1898 (aus 4)

Die Haager Bader
Spätestens die Kreuzfahrer des 11. Jahrhunderts brachten die Einrichtung öffentlicher Badeanstalten auch in unsere Gegend mit nach Hause. So entstanden allmählich in allen größeren Orten Badstuben, die von einem Bader betrieben wurden. Auch in Haag ließ der Bamberger Bischof schon bald  eine solche einrichten. Dem Bader, der sie betreute, übergab er dazu das Anwesen Nr. 16, den späteren Pfarrhof, als Lehen. Außerdem bekam der Haager Bader jährlich sechs Klafter Holz zum Beheizen des Bades.

Die Bader waren nicht nur für den Betrieb in der Badstube zuständig, sondern sie entwickelten sich im Laufe der Zeit auch zu Heilkundigen, die zumindest kleinere Blessuren behandeln konnten.
Der älteste namentlich bekannte Bader in Haag war 1576 Wastl Knieer. Einer seiner Nachfolger, der Bader Johannes Kürmreuther, wurde 1602 hingerichtet, weil er einige seiner Patienten mit Schröpfen und Präzipitat zu Tode kuriert hatte. (nach 6, Seite 53 f)

Hier arbeite ich noch!

Das Ende von Haag
Haag war zu einer blühenden und florierenden Gemeinde geworden und das Dorfleben ging seinen normalen Gang. Niemand dachte daran, dass es einmal ganz anders werden könnte.

Die Hocher nahmen auch am großen Geschehen Anteil, wie diese Aufnahme (aus 1, Seite 114) vom Festzug am 1. Mai 1933 zeigt. (Das markante Gebäude hinten ist das Schulhaus.)

Doch 1936 nahte das Ende: Das Reichkriegministerium ordnete mit Erlass vom 28.2.1936 die umgehende Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr nach Westen hin an. Mit dem Grunderwerb und der Aussiedlung der Bevölkerung aus Haag und den anderen betroffenen Ortschaften wurde die RUGES  (Reichsumsiedlungsgesellschaft) beauftragt.
Vor der endgültigen Aussiedlung ab 1937 hatte Haag 82 Hausnummern und ca. 500 Einwohner. (Plan aus 1, Seite 105)

In diesen Ortsplan von Haag (1, Seite 105) habe ich zur besseren Orientierung die Kirche St. Veit (HNr 40) gelb, das Pfarrhaus (HNr 16) rot, die Schule (HNr 41) grün und den Friedhof blau eingezeichnet. Das Bächlein Frankenohe fließt hier fast diagonal von links oben (Nordwesten) nach rechts unten (Südosten). Etwas weiter südwestlich davon lief fast parallel zur Frankenohe die Reichsstraße 85, deren Verlauf auf dem Luftbild noch gut zu erkennen ist.

Erhard Trummer von Nr. 27, genannt "der alt Dohler", schrieb sein

"Abschiedslied Anno 37
Und wir alle müssen wandern,
müssen wandern ohne Ziel.
Und der eine fragt den andern,
keiner weiß, wohin er will.

Geht ´s nach Franken oder Schwaben?
Ist ganz gleich, wohin ich zieh.
Ist ´s noch so schön in fremden Landen,
doch zur Heimat wird es nie.

...

Doch es gibt ein Wiedersehen,
deckt uns fremde Erd´ auch zu,
einst in jenen lichten Höhen
dort in Gottes ew´ger Ruh."

(2, Seite 32)

(letzter) Gruß aus Haag (aus 3)

Einige wenige Ruinen, der wiederhergestellte Friedhof, der Name „Dorfstelle Haag“ in (militärischen) Landkarten und diese Tafel erinnern an die uralte Ortschaft.

Diese Tafel steht seit kurzem vor dem alten Mühlweiher, der aber heute viel größer ist als bei der Ablösung des Dorfes.

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Diese Tafel (in deutsch und englisch)
steht neben dem hier  abgebildeten
alten Kellergewölbe am
Aufgang zum Friedhof in Haag.

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verwendete Quellen

1 Griesbach, Eckehart, Truppenübungsplatz Grafenwöhr,
Behringersdorf 1985
2 Stubenvoll, Johann, Aus der Chronik des Ortes Haag, in Festschrift zum Wiedersehensfest der Alt-Langenbrucker u. Alt-Haager, Sorghof 1954
3 Archiv Armin Knauer, Grafenwöhr
4 Archiv Willi Zinnbauer, Sorghof
5 Schnelbögl, Fritz, Auerbach in der Oberpfalz, 1976, Seite 63
6 Köstler, Joseph, Chronik von Haag, Band XXVI der Chronik von Auerbach, unveröffentlicht, Lagerort Stadtverwaltung Auerbach
7 Archiv Dr. Ludwig Walter, Würzburg
8 Walter, Elisabeth und Ludwig, Haager Chroniken, Würzburg 2012 (Bezugsquelle)
9 Kugler, Hans-Jürgen, Hopfenohe - Geschichte einer Pfarrgemeinde, Auerbach 1997 (Bezugsquelle)
10 Archiv Preininger/Winter, Auerbach

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südamerikanische Weise

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 18. Juni 2014

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