Ligenz
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Ligenz
- ein alter Eisenhammer
am Goldbrunnenbach

Legenz ist gegenwärtig ein Weiler mit 3 Anwesen und 23 Einwohnern, der von Troschenreuth 2,5 km entfernt ist.“ Mit diesen Worten beginnt der Auerbacher Chronist Joseph Köstler um 1910 im Band XXIII (1, Seite 103) seiner siebenundzwanzigbändigen handgeschriebenen Chronik die Kurzbeschreibung des Weilers am Goldbrunnenbach. Die folgende Darstellung hat den Artikel Köstlers  zum Teil als Grundlage.
Vom Stadtkern Auerbachs aus, zu dem die kleine Ortschaft heute gehört, liegt Ligenz gut 7 km in nördlicher Richtung. (BayernAtlas, Luftbild
Die Kreisstraße AS 43 von Gunzendorf her endet hier und geht  in die Staatsstraße St 2403 von Ranzenthal her kommend über. Diese (St 2403) läuft in nördliche Richtung weiter nach Mühldorf. Kurz hinter dieser Ortschaft, die ebenfalls zu Auerbach gehört, ist dann die Landkreis-, ja sogar die Regierungsbezirksgrenze zwischen unserer Oberpfalz und dem benachbarten Oberfranken.
Der Gartenbach, von Ranzenthal her, mündet in den Goldbrunnenbach, der, zunächst als Mühlbach, von Thurndorf her die zahlreichen Mühlen Ober- und Unteraichamühle, Groß- und Kleinkrausmühle, sowie Birklmühle betrieb.

Bedeutender Hammer im Mittelalter
Das heutige Ligenz war von Alters her bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) ein Eisenhammer. Seine Bedeutung wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass sein damaliger Besitzer Hans Streber, wohl ein Nürnberger Bürger, der „Großen Hammereinung“ vom 7. Januar 1387 namentlich beitrat.

An der entsprechenden Urkunde ist sein Siegel (Nr. 6, „Hans Streber mit dem hamer genant dez Legatz hamer“) noch erhalten. Dieses bedeutende Dokument (im Original 52,8x73,5 cm, auf Pergament) mittelalterlicher Wirtschaftsgeschichte und wichtige Vertragswerk für das oberpfälzische Eisenwesen wird im Stadtarchiv Amberg aufbewahrt. (2, Urkunde 216).


Bis vor wenigen Jahren schaute die Mühle in Ligenz,
die  Ende des 17. Jahrhunderts an der Stelle
des alten Hammerwerkes errichtet worden war, so aus.
Gut zu sehen war noch die Stelle an der Hauswand,
wo früher das Wasserrad für den Antrieb war. 

Heinrich Bauer weist darauf hin, dass 1390 die damals sehr bedeutenden Landgrafen von Leuchtenberg Lehnsherrn in Ligenz waren. (3, Seite 102)
Als kurz nach dem 1. Weltkrieg hier eine Ocker-Farbmühle errichtet werden sollte, stieß man bei den Erdarbeiten auf größere Schlackenhaufen; solche Schlacken wurden auch in späteren Jahren bei einem Grundaushub zu Tage gebracht. Diese Funde deuten darauf hin, dass Eisen in früheren Zeiten hier nicht nur im Hammerwerk verarbeitet, sondern auch verhüttet, also geschmolzen wurde.
Dies wird durch eine Übersicht über die Hämmer des Auerbacher Gebietes von 1488 (Hauptstaatsarchiv München, Oberpfälzer Archivalien 64) bestätigt. Als Besitzer des „hamer zum legantz“ werden dort Ulrich  und Christoph Schreiber genannt. Weiter heißt es, dass es sich um einen Schienhammer handelte. In einem solchen wurde im sogenannten Zerrenherd aus dem Erz durch Schmelzen Eisen gewonnen und zu Schienen oder Stäben geschmiedet. Wie ein solcher Schienhammer mit Zerrenherd arbeitete, zeigt das folgende Bild.

Diese vor über 400 Jahren entstandene Abbildung 
(aus
Agricola, 4, Seite 365)
zeigt einen Schienhammer mit dem Zerrenherd.
Im rechten Hintergrund sieht man
den Zerrener oder Renner
bei seiner Arbeit.
Mit der linken Hand
regelt er die Windzufuhr.
Unten aus dem Herd läuft gerade
die flüssige Schlacke ab.
In der Mitte bearbeiten zwei Gesellen
mit schweren Holzhämmern
das aus dem Zerrenherd gewonnene Eisen.

Dieses "Roheisen" wurde dann im Wellherd (wellen bedeutet wallen machen, schmelzen; im Namen Welluck, einem anderen Ortsteil von Auerbach, ist dieses Wort wohl auch enthalten) wieder erhitzt und unter dem schweren Eisenhammer rechts im Vordergrund in Schienenform ausgeschmiedet. Hinter dem Hammerschmied liegen solche fertigen Schienen auf dem Boden. (4, Seite 365)

Handelsbeziehungen zu Nürnberg
Etwa 200 Jahre lang besaß die angesehene Auerbacher Bürgersfamilie Schreiber den Hammer, beginnend mit Eberhard 1473 und endend mit Mathes Schreiber 1625. In dieser Zeit wurden rege Handelsbeziehungen zu Nürnberg unterhalten. So schlossen die Brüder Jörg (Auerbacher Bürger) und Christoph Schreiber (Hammerherr „zum legantz“) im Jahre 1501 mit dem Nürnberger Bürger Heinrich Voit einen Vertrag über die Abnahme von Eisen. Nicht selten waren Nürnberger als Hammermeister angestellt; dieses Handwerk stand in hohem Ansehen. Im Zuge der Gegenreformation mussten die Schreiber aus dem Herrschaftsgebiet des bayerischen Kurfürsten Maximilian „auswandern“, da sie nicht wieder katholisch werden wollten. Sie zogen zunächst nach Creußen und später nach Nürnberg. Auch die Tage des Hammers Ligenz waren in diesem beginnenden 17. Jahrhundert bereits gezählt.

Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg
Während dieses schrecklichen Krieges (1618-1648) war der Betrieb der Hammerwerke allgemein sehr stark beeinträchtigt. Gründe dafür waren u. a. mangelnde Absatzmöglichkeiten wegen der gestörten Verkehrs- und Handelswege, sowie fehlende Arbeitskräfte. Plünderungen und Zerstörung durch die verschiedenen Soldatenhorden taten ein Übriges. So wurde, wahrscheinlich um 1634, auch der Hammer Ligenz mit den dazugehörigen Gebäuden durch bayerische Truppen dem Erdboden gleichgemacht. Ein über Jahrhunderte an diesem Platz betriebenes Handwerk war durch Gewalt ausgelöscht worden, denn in einer Bestandsaufnahme der Hämmer des Amtes Auerbach von 1648/49 fehlt der Name Ligenz.

Die Anwesen in Ligenz
Aus dem ehemaligen Hammergut entstanden gegen Ende des 17. Jahrhunderts die im Prinzip auch heute noch existierenden drei Anwesen:
Haus Nr. 1 „Beim Hammergackl“. Dessen erster namentlich bekannter Besitzer ist 1721 Georg Kürzdörfer. Ihm folgten bis 1842 Jakob, Kaspar und Ulrich Friedl, die das ehemals stattliche Anwesen jeweils verkleinerten. Um die Jahrhundertwende erwarb es Johann Baptist Förster. Heute gehört es einer in Bayreuth wohnenden Familie (Hartmann) und dient als eine Art Wochenendhaus.
Haus Nr. 2 „Beim Hammerthamer“ (Thamer ist eine veraltete Form des Vornamens Thomas) gehörte 1721 einem Thomas Kürzdörfer, wohl einem Verwandten des Besitzers von Nr.1, denn bei jedem der beiden Anwesen war jeweils eine Hälfte des großen Stadels. Bis zum Jahre 1842 blieb es bei den Kürzdörfer. Um 1910 bewirtschafteten Sporrer den Hof. Seit 1951 ist er im Besitz der Familie Braun, die nach dem 2. Weltkrieg aus ihrer angestammten böhmischen Heimat vertrieben worden war. Der jetzige Eigentümer Karl Braun hat vor einigen Jahren für sich und seine Familie neben dem alten Gebäude ein schmuckes neues Haus errichtet.
Haus Nr. 3 war die Mühle, in die der ehemalige Hammer in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts umgewandelt worden war.

Die Ligenzer Mühle
Dieses Anwesen trug wie gesagt die Hausnummer 3 und war mit Nr. 2 zusammengebaut. Nach einer Aufstellung von 1766 hatte sie einen einzigen Mahlgang. Jahrhundertlang gehörte sie den Speckner, einem in unserer Gegend weit verbreiteten Müllergeschlecht.

Die ehemalige Ligenzer Mühle
bekam ihr Wasser
über den vom Goldbrunnenbach
über Mühldorf abgeleiteten Mahlbach,
dessen Bett in den letzten Jahren
im Zuge der Flurbereinigung zugefüllt wurde.
Auch das Wasserrad
und die auf diesem etwa 1980 entstandenen Foto
abgelichtete Antriebswelle
sind längst verschwunden.

1910 besaß Franz Friedrich diese Mühle. Dessen Witwe Maria heiratete 1922 den Müllermeister Georg Stock aus Bärnwinkl bei Pressath, in dessen Besitz sie bis vor wenigen Jahren war. In zweiter Ehe heiratete Stock die Barbara Zitzmann. Aus dieser Ehe ging 1939  Sohn Georg hervor. Dieser kam in jungen Jahren im Wald ums Leben. (5)
Seit etwa 1954 wird in der Ligenzer Mühle nicht mehr gemahlen, obwohl die Mühle erst nach der Währungsreform (1948) nochmals umgebaut worden war. Teile der Ligenzer Mühle wurden nach der Stilllegung in andere Mühlen der Umgebung eingebaut.

Der Ortsnamen Ligenz
Nicht so recht in unsere Gegend scheint der Name Ligenz zu passen. Köstler schreibt dazu an o.a.O.: “Legenz war früher ein bedeutendes Eisenwerk, dessen Gründung, wie schon der slawische Namen vermuten lässt, in die Wendenzeit, also ins 6. bis 9. Jahrhundert zurückgeht.“ (1, Seite 103 ff) Wahrscheinlich ist der Weiler aber etwas später als von Köstler angenommen entstanden, was aus dem sogenannten „genitivischen Ortsnamen“ abzulesen ist, in dem allerdings ein slawischer Personenname stecken kann. In der bereits erwähnten Urkunde der Hammereinung von 1387 steht bei Hans Streber nämlich, dass er „mit dem hamer, genant dez Legatz hamer“ beitritt. Tatsächlich ist in einer Pfarrurkunde von 1319 ein Heinrich Legat aufgeführt. Ebenfalls ein Heinrich Legat, vielleicht der gleiche, wird 1344 als Auerbacher Bürger aufgezählt. So könnte der Name Ligenz über die verschiedenen Lautwandlungen von diesem Heinrich Legat herrühren.
Bauer meint (3, Seite 25, Anm.12): „Der Ort Ligenz (1537 Leganz, 1692 Hammer Legantz, 1692 Legenz) hat bei uns noch die deutsche Namensform, während sein Gegenstück in Schlesien zu Liegnitz geworden ist.“

Ligenz heute ein „Grenzort“
Nur noch wenige Menschen wohnen heute in dem kleinen Weiler Ligenz. Bis zur Gemeindegebietsreform (1. Mai 1978) gehörte der Ort zur politischen Gemeinde Ranzenthal, mit der er nach Auerbach eingemeindet wurde. Die Kinder besuchen die Schule in Auerbach, in die Kirche aber gehen die Ligenzer nach „auswärts“, in die Pfarrei Troschenreuth. Telefonanschlussmäßig gehört Ligenz zum Ortsnetz der Stadt Pegnitz, also nach Oberfranken. Der Ort liegt etwa in der Mitte dieser Karte aus dem  BayernAtlas. 

verwendete und weiterführende Quellen

1 Köstler, Joseph, Chronik der Stadt Auerbach, Lagerort städtisches Archiv
2 Stadtarchiv Amberg
3 Bauer, Heinrich, Geschichte der Stadt Pegnitz und des Pegnitzer Bezirks, Pegnitz 1938
4 Agricola, Georg,* Vom Berg- und Hüttenwesen, 1566 (de re metallica), Reprint dtv 1994
5 Archiv Herbert Stock, Stöttwang/Linden

* "Der Glauchauer Handwerkerssohn Georg Pawer, der sich nach Humanistenbrauch später Georgius Agricola nannte, wurde mit seinem Hauptwerk De re metallica libri XII zum Begründer der Montanwissenschaften." (Quelle) Agricolas (1494-1556) Werk erschien ein Jahr nach seinem Tod in lateinischer Sprache, ein Jahr später folgte die erste deutsche Übersetzung.

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 24. Januar 2016

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