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Joachim Kardinal
Meisner
zelebrierte Pontifikalamt
Anlässlich eines Besuches bei den Schulschwestern
von Unserer Lieben Frau im Mutterhaus Auerbach zelebrierte Joachim Kardinal
Meisner
(+2017) aus Köln am Sonntag, den 22. Mai 2011, einen
feierlichen Gottesdienst
auf dem Pinzigberg. Dabei hielt der Kardinal eine bemerkenswerte Ansprache.
Mit Kardinal Meisner zelebrierten dessen
Sekretär Msgr. Oliver Boss, Pfarrer Albert Werner (Mutterhaus), Diakon Georg
Paszek
(Schlüsselfeld; links) und der damalige Auerbacher Dekan P. Dominik Sobolewski,
CR (rechts).
Kardinal Meisner war der bisher
"ranghöchste" kirchliche Würdenträger, der je auf dem Pinzigberg
Gottesdienst feierte. "Toppen" könnte das jetzt nur mehr ein
Papstbesuch ...
Der
Titel „Kardinal“ kann vom Papst verdienten Männern der katholischen Kirche
verliehen werden. Aufgabe eines Kardinals ist u.a. die besondere Beratung des
Papstes bei der Leitung der Weltkirche mit derzeit knapp 1,2 Milliarden
Katholiken. Kardinäle, die das achtzigste Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, wählen nach dem Tod eines Papstes im sog.
Konklave seinen Nachfolger.
Weltweit gibt es derzeit 223 Kardinäle, von denen 123 wahlberechtigt sind.
(Stand Februar 2020)
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Meisner
ist einer der acht Kardinäle,
die (2011) aus Deutschland
stammen:
(alphabetisch; in Klammer das Geburtsjahr)
Brandmüller (1929), Cordes (1934),
Kasper (1933), Lehmann (1936), Marx (1953),
Meisner (1933; Foto links),
Sterzinsky (1936) und Wetter (1928).
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Mehr
zum Thema Kardinal findet man z.B. auf der Internetseite des Vatikans;
dort steht z.B. auch die aktuelle Liste der Kardinäle.
Die
Maria-Hilf-Kapelle auf dem
Pinzigberg
Ein
Wallfahrtskirchlein mit großer Vergangenheit
„Bei der
ausstrahlenden Anziehungskraft unserer großen und weltbekannten Wallfahrtsorte geraten unsere bescheidenen Gnadenstätten oft in Vergessenheit.
Sie müssen sich mit einem stillen zweiten Rang zufrieden geben. Und doch sind
die Tröstungen, die himmlischen Gnadenerweise, die vor unseren einheimischen
Heiligtümern erfleht wurden, gleich groß und wertvoll. Wo das Fußvolk der
Glaubensgemeinde leicht und schnell den Weg zu einer Himmelspforte finden kann,
dort werden ungezählte Männer und Frauen Erhörung ihrer Bitten und Kraft für
die Nöte des Lebens erhalten, ohne den Unbilden weiter Reisen ausgesetzt zu
sein.“ Mit diesen Worten drückte der Auerbacher Ehrenbürger und
Heimatkundler Hubert Anders (1902-1986) in einem Zeitungsartikel (1) aus dem Jahre
1968 recht gut die Bedeutung der Kapelle auf dem Pinzigberg aus, denn ein
solcher eher stiller Gnadenort ist auch die dortige Maria-Hilf-Kapelle.
Sie liegt etwa 3 km nördlich der Auerbacher Pfarrkirche
St. Johannes der Täufer auf der Spitze des 541 m hohen Pinzigbergs (Marktplatz
Auerbach 435 m NN).
Höhenangaben der Gegend zum Vergleich:
der Auerbacher Gottvaterberg (+550 m NN), der Obere
Marktplatz in Auerbach (Höhenmarke am Rathaus + 431 m NN),
der Zipser
Berg bei Pegnitz (+ 549 m NN), der Geißberg oder Grünberg (+587 m NN) und die
Gugelplatte (+ 537 m NN) (beide bei Zogenreuth), der
Ossinger bei Königstein (+
651 m NN), der Kütschenrain (+643 m NN) bei
Thurndorf (Markt Kirchenthumbach),
der Rauhe Kulm
(+682 m NN) bei Neustadt am Kulm, das
Kloster Michelfeld (+ 406 m NN)
Die Kapelle
auf dem Pinzigberg ist
entweder von Degelsdorf aus über den Kreuzweg oder
von Ohrenbach aus über einen Feldweg (von Auerbach
her kommend unmittelbar vor Ohrenbach nach rechts abbiegen) erreichbar. Auf
letzterem Weg kann man mit dem Auto bis zu einem Parkplatz ziemlich nahe an die
Kapelle heranfahren, was gerade auch für Gehbehinderte vorteilhaft ist.
Durch
die bunten Glasfenster der Pinzgbergkapelle bedingt empfängt den Besucher des
Gotteshauses ein angenehmes Licht.
Erste
Errichtung nach einem Gelübde
Das erste
Kirchlein auf der Anhöhe des Pinzigbergs wurde bereits im Jahre 1708 errichtet, und
zwar von einem Bauern aus dem nahen Dorfe Krottensee (heute Ortsteil der
Marktgemeinde Neuhaus). Dieser hatte sich während einer Schlacht des
„Spanischen
Erbfolgekrieges“ (1701-1714), die am 24. Mai 1703 bei seinem
Dorfe geführt wurde, aus Angst um sein Leben in einem Backofen versteckt. In
seiner Todesbedrängnis gelobte er, der Muttergottes auf dem Berg, den er durch
eine kleine Öffnung sehen konnte - es war dies der Pinzigberg -, eine Kapelle zu
erbauen, falls er mit dem Leben davonkäme.
Fünf Jahre
später, eben 1708, erfüllte der Krottenseer Bauer sein Versprechen und ließ
auf dem Pinzigberg ein kleines Kirchlein errichten. Bald kamen die Menschen, vor
allem der näheren Umgebung, in Scharen zu dem Heiligtum, das die vielen Beter
sicher nicht fassen konnte.
Abriss in
der „Aufklärung“
Kurz vor
der Einhundertjahrfeier der ersten Pinzigbergkapelle, eines echten Zeichens der
Volksfrömmigkeit, kam ihr jähes Ende. Anfang 1804 ordnete die kurfürstliche
Kirchendeputation Amberg in einem Schreiben an die Landrichter
an, eine Aufstellung aller in den
Pfarreien ihres Amtsbereiches liegenden „überflüssigen und daher zu zerstörenden
Feldkirchen und Kapellen“ zu erstellen. Am 7. März 1804 befahl dann die
Amberger Regierung den „ungesäumten Abbruch sämtlicher Kapellen, welche
nicht ordentlich konsekriert sind“. (2)
Diese recht
merkwürdige Anordnung im Zeitalter der „Aufklärung“ war sicher auch mit
dazu bestimmt, um im Volke wurzelnde Gefühlswerte, die irgendwie der Kirche
dienlich sein könnten, auszulöschen. Der Abbruch von Feldkapellen ging eng
einher mit der Säkularisation, infolge der z.B. auch das uralte, 1119 von
Bischof Otto dem Heiligen gegründete Benediktinerkloster Michelfeld endgültig
aufgelöst wurde.
In Bayern
war zu dieser Zeit übrigens Maximilian Graf von Montgelas „geheimer Staats-
und Konferenzminister für die Innen- und Außenpolitik“, ein zwar
intelligenter und fähiger, aber doch sehr liberaler Politiker, der den
kirchlichen Belangen nicht gerade freundlich gegenüberstand. Der mächtige
Montgelas setzte durch Vollzug des Reichsdeputationshauptschlusses
von 1803 im gesamten bayerischen Gebiet mit zum Teil drastischen Mitteln
konsequent die Säkularisation
und die Mediatisierung
durch.
Der
Auerbacher Bürgermeister Schmaus konnte schon am 9. Mai 1804 an das Landgericht
Vollzugsmeldung machen: „Im hiesigen Stadtportum
(Anm.:
das ist die Umgebung der
Stadt)
haben sich 11 unkonsekrierte Kapellen befunden. Die Verwüstung und Zerstörung
dieser Kapellen ist durch abgeordnete Maurermeister und -gesellen vor sich
gegangen. Die Materialien sind bei jeder Kapelle zusammengeschlichtet worden,
sie werden zu dem vorhabenden Knabenschulerweiterungsbau verwendet.“ (3)
Neben
vielen anderen Kirchen und Kapellen unserer Heimat fiel so auch die
Pinzigbergkapelle dieser staatlichen Anordnung zum Opfer. Sie wurde vollkommen
abgerissen, die Steine wurden weggeschleppt und anderweitig zum Bauen verwendet; das alte
Gnadenbild aber kam an einen unbekannten Ort. Seiner weithin sichtbaren Zierde
beraubt stand der Pinzigberg nun zunächst einige Jahre öd und verlassen da.
Neubau
nach Hungersnot
Wie über
100 Jahre zuvor so war es auch 1818 wiederum menschliche Not, die den Anstoß
zur Errichtung einer neuen Gnadenstätte gab. 1817 war ein sehr schlechtes
Erntejahr, als dessen Folge eine rasche Verteuerung der Lebensmittel und damit
eine Hungersnot
besonders auf die minderbemittelten Bevölkerungsschichten
zukamen. In dieser Situation erinnerte der fromme Landgerichtsassessor Johann
Baptist Greger aus Eschenbach die notleidenden Menschen an die „Helferin der
Christen“ und die „Trösterin der Betrübten“, wie er die Gottesmutter
nannte, und warb in Aufrufen und Ansprachen für die Wiedererrichtung eines
Kirchleins.
Greger
versuchte auf jede mögliche Art, Geld- und Sachspenden für sein Vorhaben
zusammenzubringen; u. a. ließ er auch folgendes selbstverfasstes Gebet
verteilen:
„Maria
vor dem Gottesthron
ach bitt für uns bei deinem Sohn.
Sieh an, o Herr, die große Not
und schenk uns unser täglich Brot!
Auf dass die Feldfrücht gut gedeihn
gib Regen, Wind und Sonnenschein.
So stehen wir in Deiner Hand:
Beschütze uns und unser Land!“
Assessor
Greger begeisterte weite Teile der Bevölkerung für den Wiederaufbau der
Muttergotteskapelle auf dem Pinzigberg, und gerade auch von den ärmeren Leuten
kamen viele Spenden. So konnte im Frühjahr 1818 mit dem Bau begonnen werden.
Man kann sich leicht vorstellen, dass es sehr mühsam war, die Baumaterialien
einschließlich Wasser auf den Bergrücken zu transportieren. Der ursprünglich
für „Mariä Geburt“ (8. September) vorgesehene Weihetermin konnte deshalb
nicht eingehalten werden.
Feierliche
Einweihung
Am 27.
September 1818 war es dann endlich so weit. Johannes Neubig schreibt darüber in
seiner 1839 gedruckten Chronik „Auerbach, die ehemalige Kreis- und
Landgerichtsstadt in der Oberpfalz“: „Nicht nur wieder, auch schöner und größer
erhob sich auf dem runden Gipfel des Berges das heilige Gnadenhaus, das so
freundlich und zierend auf unsere Stadt und die ganze Gegend hernieder schaut
und hinauf zur stillen und seligen Wonne der Andacht selbst den Fremden winkt,
die diesen ... Wallfahrtstempel vertrauensvoll besuchend hieher aus weiter Ferne
zusammenströmen.“ (4, Seite 58)
Der
eigentliche Weihesonntag war sicher ein großes Ereignis für die ganze Gegend.
Joseph Köstler (1849-1925) beschreibt es ausführlich. Bestimmt hat ihm, dem
großen Chronisten unserer Stadt, sein Vater Joseph Johann (1800-1871),
Schulrektor und Chorregent in Auerbach, ausführlich darüber erzählt. „Der
Andrang des Volkes war ungeheuer; von mehreren Pfarreien kamen Prozessionen
heran und selbst aus der Pfarrei Büchenbach strömten zahlreiche Pilgerinnen
herbei, die mit ihrer fränkischen Tracht ... die Versammlung besonders
malerisch gestalteten. In der Auerbacher Prozession marschierte auch das Bürgermilitär
mit und vermehrte durch seine türkische Musik (Anm.: so bezeichnete man früher
auch die Blasmusik), Pauken und Trompeten, den
festlichen Glanz. Den Festgottesdienst hielt Dechant Neumüller, als
Festprediger fungierte der Kaplan Pößl von Gunzendorf. Nach und schon während
der kirchlichen Feier entwickelte sich auf dem Bergrücken ein förmliches
Volksfest; zwischen zahlreichen Bierhütten und Wurstbuden wogte ein buntes Völkergemisch.
Böller krachten, Glocken klangen und heitere Märsche ertönten seitens der
Musikkapelle.“
(3, Seite 103 f)
Das
in der Pinzigbergkapelle hängende Ölbild zur feierlichen Einweihung stammt vom Auerbacher Maler Johann Karl (1768-1839).
Es zeigt auch, dass der Berg damals im Gegensatz zu heute nahezu unbewaldet war.
Zu erkennen ist ebenfalls das ursprüngliche Ausmaß der Kapelle, die zwei Jahre
später dann erweitert wurde.
„Das
Weihefest“
Unter
diesem Titel findet man in der Kapelle über der Tür zur Sakristei eine
Schrifttafel (5), auf der Johann Baptist
Greger wundersame Ereignisse am Tag der Einweihung in Versform beschreibt;
Die Verse
Gregers muten uns heute vielleicht etwas überholt an, doch seien sie zur
Erinnerung an den frommen Förderer des Wiederaufbaus hier festgehalten:
„Dort wo
der Pinzigberg sein Haupt erhebt aus grauem Nebelmeere,
Ihr Enkel glaubt die Wunder, glaubt die ich zum Heile euch nun lehre.
Ein Kirchlein steht geweiht Marien der Himmlischen. Die Waller ziehen
Von nah und fern zur Mutterzelle um Trost für ihre kranke Seele.
Und hilflos ging noch niemand fort, Maria segnet frommen Glauben.
Doch böser Menschen Rat und Wort, ach wußte diesen Trost zu rauben.
Der Weisheit Wahn verschloss die Schwelle, und nierderriß er die Kapelle.
Allein, dass sie das Herz erfreue, prangt sie erbaut in schöner Neue.
Das Kirchweihfest war nun bestimmt, geschmücket winkt die Bergkapelle.
Mit Freude jedes Herz vernimmt Gebete aus der Wunderzelle.
Und fromm in acht Prozessionen, mit Sang und Glocken und Kanonen,
Wird nun das große Fest begonnen, der frohen Christen heilig Lohnen.
Da stellt ein Sturm entgegen sich mit Feuerswuth und Wasserfluten.
Der Donner rollte fürchterlich. Der Äther schwimmt in Blitzesgluten.
Maria sah der Hölle Tücke. Sie winkte Blitz und Sturm zurücke,
Dass sie die Andacht fromm beginnen, wie aller Hoffnung war und Sinnen.
Und als der Zug zum Berg begann, da plötzlich schwanden Sturm und Regen.
Das Wunder sah nun jedermann, kund war getan Mariens Segen.
Mit neuem herzlichen Vertrauen, die Waller auf zum Himmel schauen,
Wo gnadenvoll Maria thronet, und wahren Glauben liebvoll lohnet.
Und stärker lud man das Geschütz, zu preisen Gott aus Mörsers Munde.
Da drängt der Menschen Aberwitz, sich häufig zu dem Feuerschlunde.
Man wehret ab, schreckt mit Gefahren, doch sie nicht zu belehren waren.
Der Vorwitz bringet nur Verderben, bringt oft den Tod, den bittern, herben.
Wie man gedrohet, ist geschehn! - Der Feuerschlund zersprang in Stücke.
Viel Menschen konnten untergehn durch solches grause Mißgeschicke!
Denn an Fünftausend waren nahe. - Doch keinem etwas Leids geschahe.
Maria half. Von ihr bewahret, der Tod umsonst auf Opfer harret.
Zwei Wunder schützten vor Gefahr, die deutlich jedermann erkannte.
Marias Hilf ward offenbar, und jedes Herz zum Dank entbrannte.
Dies Wunder sieht man hier gemalen, es diene zur Erinn'rung allen.
Möget auch Ihr Mariens Huld so kennen. Sie trocknet aller Gläub'gen Tränen."
Das Gnadenbild
Lange
Zeit nahm man
an, dass das Gnadenbild auf dem
Barockaltar
erst von 1818 sei und
ebenfalls vom Auerbacher Maler Johann Karl stamme. Der Auerbacher Heimatforscher
Alfred Graf fand jedoch im Archiv der Stadt Auerbach das Manuskript der
Festpredigt des Kaplans Pösl anlässlich der Einweihung 1818. Darin heißt es
u. a.: "Allein nicht ohne wundervolle Einwirkung durch die Fürbitten
Marias geschah es, dass in den Zeiten der Not geistliche und weltliche Obrigkeit
sich vereinigen mussten, um dieses Gnadenbild wieder an seine vorige Stelle
hierher zu bringen." (6) Daraus kann man den Schluss ziehen, dass es sich
um das ursprüngliche Gnadenbild handelte, das zunächst als verschwunden galt,
bei der Neuerrichtung jedoch wieder in die Kapelle auf den Pinzigberg kam. Als
Maler käme dann auch der Auerbacher Thomas Wild in Frage, der zu Beginn des 18.
Jahrhunderts zusammen mit Johann Michael Doser mehrere
Kirchen und Kapellen ausgestaltete.
Das in jedem Fall alterwürdige Bild ist in seiner Art ganz nahe verwandt mit dem Gnadenbild
der Wallfahrtskirche
auf dem Amberger Mariahilfberg. Der Urtyp dieser in Bayern und Österreich häufig anzutreffenden Darstellungen
der Muttergottes ist das von
Lucas Cranach d.Ä. (1472-1553) um 1530
geschaffene Gnadenbild „Mariahilf“
im Dom St. Jakob in Innsbruck.
Zur
Erinnerung an die feierliche Einweihung „seiner“ Pinzigbergkapelle ließ
Greger 1832 von Johann Karl den nachfolgenden Kupferstich anfertigen.
Er zeigt eine „Ansicht der
Stadt Auerbach gegen Mitternacht“,
also von der Südwestseite her;
links die Pinzigbergkapelle,
rechts das in dieser Form 1805/1806
errichtete Kirchlein auf
dem Gottvaterberg.
Maria und das Jesuskind darüber,
gleichsam in den Wolken
schwebend,
tragen allerdings im Gegensatz
zum Gnadenbild in der Kapelle keine
Kronen.
Dieses Bildchen war auch
der 1839 erschienen ersten gedruckten Chronik
der
Stadt Auerbach (von Johannes Neubig) beigelegt.
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Erweiterung
1820
Das am 27.
September 1818 durch Dechant Joseph Gabriel Neumüller (1799 bis 1836 Pfarrer in
Auerbach) geweihte neue Kirchlein auf dem Pinzigberg hatte wiederum regen
Zuspruch seitens der Bevölkerung zu verzeichnen, konnte jedoch nur sehr wenige
Gläubige fassen. Aus diesem Grunde wurde das rechteckige, vorne abgerundete Gebäude
schon zwei Jahre später durch einen achteckigen Anbau mit einem Glockentürmchen
erweitert und das Kirchlein so auf seine heutige Größe gebracht. Der
Auerbacher Maurermeister Johann Bauer führte diese Arbeit aus; er hat sich über
der Eingangstür mit „1820 JB“ verewigt.
„Der
Zulauf zur Mariahilfkapelle war sehr groß und viele Menschen fanden dort, wie
die aufgehängten Krücken, Wachsfiguren und Votivtäfelchen sagen, Hilfe in
Krankheiten, Unglücksfällen und schweren Anliegen.“ (3, Seite 106)
Stille
um den Pinzigberg
Die große
Anziehungskraft der Pinzigbergkapelle begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts allmählich zu verblassen, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil
durch den Ausbau der Verkehrswege, durch die Ausbreitung der Motorisierung und
vor allem durch die Eisenbahn fromme Pilger nunmehr leichter zu den großen und
bekannteren Wallfahrtsorten unserer näheren und weiteren Heimat gelangen
konnten.
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Doch auch
im 20. Jahrhundert
gab es und noch heute gibt es
immer wieder
Verehrer und Förderer
der Pinzigbergkapelle.
So verdanken wir z.B. dem
verstorbenen Auerbacher Bürger
Georg Müller
(„Strumpfwirker“)
das schöne Marienbild (1,8x1,2 m),
das uns beim Eintritt
in das
Gotteshaus
an der gegenüberliegenden Wand
begrüßt; der Regensburger
Kunstmaler Erwin Schöppl
hat es 1941 gefertigt.
Ein weiteres Exemplar dieses
ausdrucksstarken Marienbildes hängt
im Mutterhaus der Schulschwestern
in
Auerbach.
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Pfarrer
Ritter und der Pinzigberg
Nach der
Errettung aus der Kriegsnot 1708 und der Hungersnot 1818 trat das
Pinzigbergkirchlein auch in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges im April 1945
erneut als Ort der Hilfe in Erscheinung. Johann Ritter (1899-1986), seit 1.
November 1938 Stadtpfarrer in Auerbach, schrieb dazu in seinem „Pfarrbrief“
vom Mai 1963: „Immer näher rückte die Front. Und am Ende des Krieges kam
auch die Bedrohung für Auerbach. Als Eingangstor zum Exerzierplatz (Anm.:
gemeint ist der Truppenübungsplatz Grafenwöhr) sollte die
Stadt verteidigt werden. Zum Glück wurde dieser Befehl nicht ausgeführt. Ein
paar Tage vor Kriegsende kam die SS nach Auerbach, hat Munition im Mädchenschulhaus
- jetzt Bäckerei Bock (Anm.: ehemaliges Landgericht)
- gelagert, während ein feindlicher Flieger darüber
flog. Man erwartete die Bombardierung, die aber ausblieb. In diesen Tagen ging
ich zum Pinzigberg hinauf, sah, wie mehrere Häuser von Nasnitz in Brand
geschossen wurden; da machte ich das Gelübde: Wenn Auerbach verschont bleibt,
dann will ich dafür sorgen, dass ein Kreuzweg errichtet wird. ... Der Kreuzweg
zum Pinzigberg soll eine dankbare Erinnerung an diese schwere, glücklich überstandene
Zeit sein, soll aber auch eine Mahnung sein, im eigenen Kreuz und Leid fest auf
Gott zu vertrauen und in der Tat zu befolgen, was die schönen Verse auf den
einzelnen Stationen uns sagen." (7)
In den
ersten Nachkriegsjahren wurden die Kreuzwegstationen aus einheimischem
Kalksandstein, der bei Eibenstock (heute im Truppenübungsplatz Grafenwöhr, bei
Zogenreuth) von Hand gebrochen wurde, gemauert (Firma Bühl). Der Münchner Künstler
Heinrich Dirmaier, der schon 1944 die
Decke im Chorraum der Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer,
in der Magdalenenkapelle Ranna und in der
Pinzigbergkapelle ausgemalt hatte,
gestaltete die einzelnen Stationen mit Mosaikbildern eindrucksvoll aus.
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An den Rückseiten
der einzelnen Stationen sind Gedenktafeln angebracht, die fast ausnahmslos an
Gefallene und Vermisste des 2. Weltkrieges erinnern. Zum Teil pflegen und schmücken
deren Angehörige die jeweilige Station noch heute liebevoll.
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Der
schlichte und doch tiefgehende Text des Kreuzweges stammt von Kardinal Michael von
Faulhaber (1869-1952).
Die feierliche Einweihung
der Kreuzwegstationen
zum Pinzigberg
durch Pfarrer Johann Ritter
und den Franziskanerpater Josef
fand am Sonntag, den 1. Mai 1949,
unter Beteiligung
zahlreicher
Gläubiger
aus Auerbach
und den umliegenden Orten
statt.
1985, 1989 und zuletzt 2002 wurden die Kreuzwegstationen auf den Pinzigberg mit großem Kostenaufwand gründlich
renoviert und konserviert.
Johann
Ritter,
der am 18. Oktober 1986
im 48. Jahr segenreichen Wirkens
als
Stadtpfarrer von Auerbach starb,
war bis zu seinem Tode
ein glühender Verehrer
der Gottesmutter
auf dem Pinzigberg.
Er hat auch die Lichterprozession
an Maria
Himmelfahrt (15. August)
eingeführt.
(Foto um 1950)
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Alte Votivbilder
wieder gefunden
1996 machte man in der Pinzigbergkapelle bei Ausbesserungsarbeiten an
einer Stufe der hölzernen Treppe zur Empore einen unerwarteten Fund. Einem der
Arbeiter fiel aus Versehen ein Werkzeug aus der Hand und verschwand in einem Loch. Als
er es
aus der Versenkung wieder herausholte, staunte er nicht schlecht, denn zum
Vorschein kamen 23 verstaubte Votivbilder. Ältere Verehrer des Pinzigbergs
hatten zwar immer wieder vom früheren Vorhandensein solcher Zeichen der
Dankbarkeit für erwiesene Hilfe erzählt, doch bei den sehr gründlichen
Renovierungsarbeiten der letzten Jahre hatte man nicht Derartiges entdecken können.
Umso erfreuter waren die „Freunde des Pinzigberges“ über diesen Fund.
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Die ältesten dieser
Votivbilder stammen
aus der Zeit der
Wiedererrichtung
der
Kapelle
im Jahre 1818
und der Erweiterung 1820.
Einige zeigen
Körperteile oder
Sinnesorgane,
auf die sich
die Gebetserhörung
wohl bezog.
"Ex voto" (lat.)
bedeutet so viel wie
"nach einem Gelübde",
und bringt den
Dank für erhaltene Hilfe
zum Ausdruck. |
Die wieder
aufgefundenen Votivbilder
wurden in der Zwischenzeit fachmännisch restauriert und in der Pinzigbergkapelle
auf zwei großen Tafeln zusammengefasst aufgehängt. Dort künden sie von der Frömmigkeit unserer Vorfahren und der
traditionellen Beliebtheit dieses einheimischen Marienheiligtums.
Votivbilder und Votivgaben findet man in allen Wallfahrtsorten, z.B. auch in Altötting.
Der
Pinzigberg heute
„Es ist
ein eigenartiges Wesen um dieses Gotteshaus. Immer wieder sind es Zeiten härtester
Not, in denen das Bergkirchlein zum Mittelpunkt von Gebet und Opfer wird.
Kriegszeiten begründeten (1708) seine Entstehung, Hungerszeiten (1818) brachten
seine Wiederaufrichtung und wiederum waren es ernste Gefahren einer totalen
Vernichtung unserer Heimat, die am Ende des 2. Weltkrieges den Berg und seine
Kirche zur letzten Zuflucht werden ließ.“ So schrieb Hubert Anders 1968. (1)
In unseren
Tagen mag es zunächst nicht augenfällige Not oder Bedrängnis sein - oder
vielleicht doch? -, die eine Reihe von frommen Idealisten veranlasste, in vielen
freiwilligen Arbeitsstunden Hand anzulegen.
So wurden z.B. 1986 die Kirchenbänke
gründlich renoviert, 1987 der Stromanschluss, eine Zufahrt von Ohrenbach her und einige Parkplätze erstellt.
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Wie früher vor allem die Landwirte der umliegenden Dörfer, wie Ohrenbach,
Reichenbach, Gunzendorf
und Steinamwasser,
an der Kapelle Hand- und Spanndienste mit Ochs bzw. Pferd leisteten, beteiligten
sich auch jetzt zahlreiche Freiwillige aus diesen Ortschaften mit ihren Traktoren und Maschinen.
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1988 wurden der Altar
und alle Bilder restauriert,
wobei hier neben den
zahlreichen freiwilligen Helfern auch
sachkundige Fachleute
im Einsatz waren.
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1993 mussten das gesamte Dachgebälk
saniert, der Turm völlig erneuert und das ganze Dach neu eingedeckt werden.
(vorstehende vier Fotos stammen aus einem
privaten Archiv)
Auch die
Außenanlage erfuhr in den letzen Jahren eine zweckmäßige und ansprechende Neugestaltung.
Kleinere
und auch größere Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen werden praktisch in
jedem Jahr von den "Pinzigbergfreunden" in selbstloser und
ehrenamtlicher Arbeit durchgeführt.
So wird
das Pinzigbergkirchlein auch künftigen Generationen von Besuchern, insbesondere
von Betern, offen stehen, und damit die
Gottesmutter auch weiterhin von hier aus ihren Schutz und Segen auf unsere
Heimat ausgießen können.
Gebe Gott,
dass, wie es im Pinzigberg-Lied (8) heißt,
„in unserm Kirchlein auf dem
Pinzigberge
Mariens Lob
niemals ersterbe“!
verwendete
und weiterführende Quellen
1 |
Anders,
Hubert, Auerbach: Heiligtum feiert Jubiläum, in Der neue Tag, 30.9.1968 |
2 |
Amberger Wochenblatt 1804, Seite
281 |
3 |
Köstler,
Joseph, Die Pinzigbergkapelle, Band V seiner 27-bändigen
handgeschriebenen Chronik der Stadt Auerbach, Lagerort Archiv der Stadt Auerbach |
4 |
Neubig,
Johannes, Auerbach, die ehemalige Kreis- und Landgerichtsstadt in der
Oberpfalz, 1839 |
5 |
Schrifttafel
in der Kapelle auf dem Pinzigberg |
6 |
Graf, Alfred, Viel älter als lange Zeit
gedacht - Marienbild ziert 300 Jahre den Altar, in Nordbayerischer Kurier,
14. August 2008 |
7 |
Ritter, Johann, Pfarrbrief 1963 |
8 |
Höllerer, Anna, Pinzigberglied, um 1950 |
9 |
Weber, Rudolf, 300 Jahre Maria-Hilf-Kapelle
auf dem Pinzigberg bei Auerbach, Auerbach 2008 |
|
"Ave Maria zart", von Johann Georg
Braun, 1675 |
letzte
Bearbeitung dieses Artikels am 10. April 2020
Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
Hier können Sie mich erreichen!
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