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Stadtschreiber
in
Auerbach
Wie in anderen mittelalterlichen Städte gab
es auch in unserem Auerbach seit der Stadterhebung anno 1314 durch Ludwig den Bayern
einen Stadtschreiber. Erst im Jahre 1906 wurde dieser uralte Titel
durch den Begriff Stadtsekretär ersetzt; heute entspricht ihm etwa der geschäftsleitende
Beamte im Rathaus.
Über diese Amtsperson sagt der Brockhaus: Der Stadtschreiber ist „... der
Protokollführer in den Rats- und Gerichtssitzungen sowie der Leiter der städtischen
Kanzlei, dem besonders auch die Führung der Stadtbücher oblag. Seit dem
ausgehenden Mittelalter waren die Stadtschreiber in vielen Städten Juristen,
die gleichzeitig das Amt des rechtskundigen Beigeordneten (Syndikus) des Rats
bekleideten ...“
(1, S. 832)
Seit jeher spielte der Stadtschreiber in Auerbach eine hervorragende Rolle. Die
Stadt brauchte zu ihren Händeln und Geschäften gar häufig einen juristischen
Beirat. Der hiesige Stadtschreiber musste auch schon deshalb Jurist sein, weil
er von 1374 - 1640 zugleich am Landgericht als Gerichtsschreiber eine
einflussreiche Stellung innehatte. Zudem übte die Stadt auch die niedere
Gerichtsbarkeit aus und alle Testamente, Käufe und sonstigen Verträge wurden
vor Bürgermeister und Rat abgeschlossen.
Die meisten Stadtschreiber bis herauf
ins 19. Jahrhundert waren zudem (kaiserliche) Notare und ihre Unterschrift lautete
z.B.: „Paulus Negelein, Reipublicae Aurbachiae Scriba & Notarius publicus,
1616“ oder „J.S.M. Schenkl ex imperali autoritate Notarius publicus juratus
1760“. Von diesen beiden hervorragenden Amtsinhabern wird später noch und in
eigenen Seiten die Rede sein.
Wie schon gesagt spielten die Stadtschreiber in der Geschichte der Stadt
Auerbach eine große Rolle. Joseph Köstler widmete ihnen deshalb auch einen
größeren Artikel in seiner handgeschriebenen siebenundzwanzigbändigen
Chronik, der eine wichtige Grundlage für diese Abhandlung darstellt. (2, Band VIII, Seite 25 ff)
Die
mittelalterlichen Stadtschreiber
Die Namen der ältesten Stadtschreiber sind uns nicht überliefert. Erst 1458
wird Christoph N. als Landgerichts- und Stadtschreiber erwähnt. 1472 war
Stephan Pink, 1483 Dietrich Greul Stadtschreiber und Gerichtsschreiber in
Auerbach. 1513-1528 amtierte Simon Krug. Er erlebte den Einzug der Lehre Martin Luthers in Auerbach und stand von Anfang an auf deren Seite. Mit der
Reformationszeit endet gemeinhin auch das Mittelalter und die Neuzeit beginnt.
Stadtschreiber
Hans Schmidt
Von 1528 bis 1559 war Hans Schmidt Stadt- und
Landgerichtsschreiber in Auerbach. Er war ein religiöser Eiferer und griff in
die Wirren zwischen Lutheranern, Kalvinern und
Wiedertäufern literarisch ein,
indem er eine Broschüre schrieb, welche den Titel "IST" führte und überwiegend
vom hl. Abendmahl handelte. Mit den örtlichen Geistlichen lag er in dauerndem
Disput, weil er sich sein eigenes Bekenntnis zurecht gelegt hatte. Am 6. April
1556 berichteten die drei Auerbacher Pfarrer deshalb an die kurfürstliche
Regierung nach Amberg: „Der Stadtschreiber Hans Schmidt ist mit vielen
Irrlehren behaftet, hält sich von Predigt und Kommunion ferne, spricht vom
Ministerio, d.h. von der Geistlichkeit, geringschätzig, verleugnet die Erbsünde
gänzlich und sagt, der Kindlein sei ja das Himmelreich. Der Stadtschreiber
versteht auch von der Konversion der Sünder nichts und sagt: Judas der Verräter
und alle anderen Erhenkten werden ehender selig als alle Pfaffen. Auch ist er
der Meinung, daß von Gott ursprünglich auch die Sünd und der Teufel herkommen
und beweist dies aus Jeremias. ..... Er kann unmöglich glauben, daß die Diener
Gottes Gewalt haben an Gottes statt die Sünden nachzulassen, weshalb er die
Absolution weder begehrt noch holt. Er sagt, man brauche keine Priester, denn
das innere Licht sei in jedem Menschen. Das einfältige Wort wurde von Gott in
aller Menschen Herz geschrieben; nötig sei nur, daß man auf den Schulen oder
an anderen Örtern die innere Erleuchtung weiter ausbilde. Auch wird des
Stadtschreibers Hausfrau zur Wehmutter (Anm.: Hebamme) gebraucht ohne unser Vorwissen
und ohne unseren Willen. Weil sie aber sagt, sie wisse nichts von den irrigen
Meinungen ihres Hauswirts, so lassen wir sie bleiben. Damit nun Gottes Ehre und
die christliche Kirche gefördert und alles Ärgernus behoben werde, erkennen
wir uns schuldig, solche Mängel kraft unseres Amtes anzuzeigen und um
christliche Abhilfe zu bitten. Die erzählten Irrtümer haben wir aus den
Schriften des Stadtschreibers und aus seiner abgelegten Konfession vermerkt. Wir
haben sie widerlegt und haben alle Zuhörer davor gewarnt; auch haben wir darum
den Stadtschreiber gemieden.“ Simon Malzkasten, Pfarrer zu Auerbach; Jakobus
Laberus, Prediger daselbst; Joachim Haberberger, Spitalpfarrer (aus
Fasc. 27 Nr. 10, Staatsarchiv Amberg) Simon Malzkasten war
der erste evangelische Pfarrer in Auerbach.
Kurz darauf kamen Kommissionäre der Regierung ins Kloster Michelfeld, um
Schmidt zu verhören und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den
Anschuldigungen zu geben. Sie hielten dem Stadtschreiber seine Ketzerei und
Widerspenstigkeit vor. Dieser allerdings ließ sich nicht einschüchtern und
blieb nach wie vor Wiedertäufer bis er 1559 starb. In der Taufe sahen die
Wiedertäufer den bewussten individuellen Bekenntnisakt zum christlichen
Glauben, in der christlichen Gemeinde den freiwilligen Zusammenschluss mündiger
Christen. So verwarfen sie die Kindertaufe und erkannten nur die
Erwachsenentaufe an, weshalb man sie polemisch „Wiedertäufer“ (Anabaptisten) nannte.
Als Amtslokal diente den Stadtschreibern zunächst
das erste Rathaus der Stadt, das wohl ein Jahr nach der Stadterhebung (1314) auf
dem Platz des heutigen Anwesens Oberer Marktplatz 11 errichtet worden war.
Dieses Gebäude, die spätere „alte Stadtschreiberei“, war ebenso wie das
auf der anderen Seite des Treppenaufganges zur Pfarrkirche liegende Nr. 12 im
Eigentum der Stadt und der Kirche ein Dorn im Auge.
So beklagte sich etwa 100 Jahre danach Pfarrer
Konrad Dyemar beim Landesherrn Pfalzgraf Johann von Neumarkt (1404 bis 1443) darüber,
dass bei der Errichtung des Rathauses, vielleicht auch erst bei einer möglichen
Erneuerung nach der Einnahme und der damit verbundenen weitgehenden Zerstörung
Auerbachs durch Ruprecht von der Pfalz am 23. September 1400, ein Streifen
„vom geweihten Kichhof“, also des Kirchenvorplatzes, überbaut worden sei.
Johann schlichtete den Streit dadurch, dass er der Stadt 1418 ein neues Rathaus
auf dem Platz des heutigen genehmigte. Als dadurch 1418
Bürgermeister und
Magistrat in das neue Rathaus übersiedelten, erhielt der Stadtschreiber das
alte als Amtssitz und als Wohnung. Lediglich von 1580 bis 1626 wurde das Anwesen
Nr. 229 (heute Oberer Marktplatz 5) als „neue Stadtschreiberei“ genutzt.
Stadtschreiber
Georg Weber
Von 1559 bis 1587 war Georg Weber Stadt- und Gerichtsschreiber und dazu öffentlicher
Notar und Lehensschreiber der Bamberger Fürstbischöfe. Er war ein sehr tüchtiger
Stadtschreiber und verfasste u.a. ein Auerbacher Salbuch, welches eine wichtige
Quelle für die erste gedruckte Stadtchronik von Johannes Neubig (erschienen
1836) war.
In religiöser Hinsicht war Weber wie die ganze Bürgerschaft der damaligen Zeit
dem lutherischen Bekenntnis zugetan, und er kam deshalb mit der kurfürstlichen
Regierung, die 1568 den Kalvinismus als Staatsreligion einführen wollte, häufig
in Konflikt. Als die kalvinische Regierung alle Bilder, den Tabernakel, den schönen
alten Taufstein und auch das große Kruzifix aus der Kirche entfernen, sowie
Chorröcke und alle kirchlichen Zeremonien abschaffen wollte und auch den
Gebrauch von Hostien beim Abendmahl verbot, leisteten Magistrat und allen voran
Stadtschreiber Weber den lebhaftesten Widerstand.
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Der spätgotische Taufstein
steht heute
wieder
links vor dem Chorraum
am Eingang zur Annakapelle.
Er ist aus
Sandstein und trägt
innen ein Steinmetzzeichen
und die gotische Jahreszahl 1525.
Stifter dieses Taufsteins
war wohl Dr. Heinrich Stromer. |
Auch um die Schulen der Stadt war der tüchtige Stadtschreiber
Georg Weber sehr besorgt; es war ja die Zeit, wo neben der alten Lateinschule
erstmals eine "Deutsche Schule" (1557) entstand.
Die Tätigkeit und Bedeutung der
mittelalterlichen Stadtschreiber ist nicht vergleichbar mit der Wirksamkeit von
heutigen städtischen Beamten, mögen diese auch noch so starken Einfluss auf
das Geschehen des Gemeinwesens Stadt Auerbach ausüben. Doch auch unter den
zahlreichen Männern, die im Verlaufe von Jahrhunderten Stadtschreiber waren,
gab es einige, die in einer besonders herausragenden Art und Weise fungierten -
Georg Weber war ein solcher - während die Mehrzahl der Amtsinhaber im Laufe der
Jahrhunderte treu und brav ihren Dienst tat. Es gab aber auch einige schwarze
Schafe unter den Auerbacher Stadtschreibern, wie noch zu sehen ist.
Stadtschreiber
Paulus Negelein
Vielleicht die herausragendste Persönlichkeit unter den Auerbacher
Stadtschreibern war jedoch Paulus Negelein, über den
auf einer eigenen Seite Näheres zu erfahren ist.
Stadtschreiber
Johannes Göler
Schon im Juni 1623 wurde Johannes Gö(l)ler als Nachfolger
Negeleins Stadt- und Gerichtsschreiber in Auerbach. Er war ein Sohn des hiesigen
Schulmeisters Wenzl Göler, der als Lehrer der obersten der damals drei Klassen
den Titel „Rector Scholae“ führte. (siehe Schulgeschichte)
Auch Sohn Johannes war zunächst im Schuldienst und hatte seit 1583 als „Infimus“,
„Locat“, „Jungmeister“ oder „Collaborator“, wie der Lehrer der
untersten oder 1. Klasse genannt wurde, gewirkt. Im Laufe der Jahre war er zum
„Kantor“ oder Lehrer der 2. Klasse aufgestiegen. Um sein geringes Einkommen
etwas aufzubessern arbeitete er sozusagen nebenbei zeitweilig als Adjunkt des
Stadtschreibers Negelein. Göler kannte deshalb die Amtsgeschäfte recht gut,
als er 1623 den Stadtschreiberposten übertragen bekam; er war bereits 62 Jahre
alt, als er sein neues Amt antrat. Joseph Köstler schreibt im Band 2 seiner
ausführlichen Schulgeschichte über ihn, dass er 40 Jahre lang ein anerkannter
Schulmann gewesen sei und dabei „die ersprießlichsten Dienste geleistet“
habe und dass durch seine Arbeit viele Schulkinder in gute Stellungen gekommen
seien.
(S. 314)
Etwas erstaunlich ist aber schon, dass Göler Nachfolger Negeleins wurde, denn
er war ebenfalls ein überzeugter Lutheraner. Die Bestellung des Stadtschreibers
war jedoch eine Angelegenheit des Rats der Stadt, und der war immer noch
lutherisch eingestellt, wie Köstler schreibt: „Der Magistrat insbesondere war
für die Bayern ein unüberwindlicher Wall, an dem alle gütlichen Versuche und
auch alle strengen Maßregeln der Regierung erfolglos abprallten. Keiner im Rat
wankte und wich und alle waren eines Sinnes. Die Männer des Rates gaben der Bürgerschaft
ein musterhaftes Vorbild der Standhaftigkeit und Anhänglichkeit an den
angestammten Fürsten und an die ererbte Religion und waren durch Eintracht
stark und mächtig gegen alle ihre Widersacher.“
(J. Köstler,
Band VIII, Seite 25ff)
Das konnte aber nicht lange gut gehen, denn der Stadtschreiber war damals in
Personalunion auch Gerichtsschreiber am kurfürstlich-katholischen Landgericht
Auerbach. Göler war von Anfang an immer wieder den Schikanen der bayerischen
und damit katholischen Beamten ausgesetzt, die alle möglichen Intrigen gegen
ihn spannen. So beschuldigten sie ihn sogar des Landesverrates und ließen eine
Haussuchung bei ihm durchführen. Obwohl nichts dabei herauskam, entzog der
Landrichter am 13. Juli 1616 dem Göler die Gerichtsschreiberei und ordnete darüber
hinaus auch dessen Entlassung als Stadtschreiber an. Auf Bitten der drei Bürgermeister,
welche am 24. Juli hoch und teuer des Gölers Unschuld versicherten, durfte er
zunächst noch einige Zeit weiter amtieren. Als der Kurfürst jedoch persönlich
davon hörte, ordnete er am 3. Oktober unmissverständlich an, dass Göler
innerhalb von zwei Monaten seine Stelle und sein Haus zu räumen habe, weil die
Regierung bereits den Balthasar Molitor aus Nabburg zum neuen Stadtschreiber von
Auerbach ernannt habe.
So wurde Göler im Spätherbst 1626 schließlich seines Amtes enthoben, obwohl
ihm absolut nichts nachzuweisen war.
Göler weigerte sich weiterhin beharrlich, das katholische Bekenntnis
anzunehmen. Bei Köstler finden sich rührende Gesuche des wohl auch tiefgläubigen
Mannes, worin er den Kurfürsten bat, ihn doch nicht aus seiner Heimat- und
Vaterstadt zu vertreiben. Vergeblich: Wie sein Vorgänger Negelein und viele
andere Persönlichkeiten der Stadt musste er als 67jähriger alter Mann sein
geliebtes Auerbach verlassen, um das er sich als Schullehrer und als
Stadtschreiber so verdient gemacht hatte. Verbittert ging Göler 1628 ins nahe
Velden ins Exil und starb bald darauf.
Es war manchmal schon eine harte und grausame Zeit, „die
gute alte Zeit“!
Stadtschreiber
Balthasar Molitor
Zur kurzen Amtszeit und schnellen Absetzung Gölers trug wesentlich mit bei,
dass Molitior die Regierung schon länger um die Übertragung einer einträglicheren
Stadtschreiberstelle gebeten hatte. Molitor, zu deutsch Müller, war bis 1625
Stadtschreiber in Pfreimdt gewesen und dann kurzzeitig Rektor und Schulmeister
in Nabburg geworden. Er sei von Jugend an katholisch und möchte nur deswegen
die Stadtschreiberstelle in Auerbach, weil er dort neben seinen Amtsgeschäften
auch der Religion dienen und den heiligen göttlichen Ämtern mit Musizieren
vorstehen könne, soll er vorgetragen und sich angepriesen haben.
Rat und Bürgermeister protestierten zwar über den unerhörten Eingriff in die
Rechte ihrer Selbstverwaltung und betonten, dass ihre bisherigen Stadtschreiber
lauter ehrliche Menschen und tadellose Männer gewesen seien. Der Protest blieb
aber unbeachtet: Balthasar Molitor aus Nabburg wurde zum 30. November 1626 neuer
Inhaber der beiden wichtigen Ämter in unserer Stadt. Auch die massiven
Beschwerden des Stadtmagistrats bei der kurfürstlichen Regierung in Amberg über
diesen unerhörten Eingriff in die Selbstverwaltungsrechte der Kommune hatten
nichts dagegen ausrichten können.
Am 26. Oktober 1626 kam Molitor nach Auerbach und erklärte Bürgermeister und
Rat, dass er seinen Dienst spätestens am 8. Dezember antreten wolle; bis zu
diesem Zeitpunkt müsse auch die alte Stadtschreiberei für ihn freigemacht
werden, in der noch der abgesetzte und mittlerweile völlig taube Paul Negelein
lebte. Außerdem sei er nicht bereit, den ehemaligen Stadtschreibern Negelein
und Göler von seinem Sold etwas abzugeben.
Vor allem auch die anmaßende Form, in der der aufgezwungene Stadtschreiber
seine Forderungen vorbrachte, sollen den Ratspersonen nicht gefallen haben.
Aber sie konnten nichts dagegen unternehmen.
Am 16. November schließlich wurde Molitor vom Rat gezwungenermaßen als
Stadtschreiber angenommen und ihm zugesagt, dass er das ganze Gehalt bekommen
solle, nämlich 96 fl (Gulden) Jahressold, 12 Achtl Korn, 4 Schock Stroh, die
Wohnung in der alten Stadtschreiberei und alle eingehenden Gebühren aus der Tätigkeit
als Stadtschreiber. Auch werde man ihm auf städtische Kosten die 20 Klafter
Holz, die er als Gerichtsschreiber aus dem kurfürstlichen Wald bekomme, vor die
Türe fahren lassen.
Am 30. November 1626 war Ratssitzung und Amtsübergabe: Den ersten Teil des
Sitzungsprotokolls schrieb der abgesetzte Stadtschreiber Göler, den Rest der
neue Amtsinhaber. Molitor weigerte sich auch, sich vom Rat verpflichten zu
lassen, weil er bereits der Regierung Pflicht geschworen habe.
Nach rund 100 Jahren gab es mit Molitor wieder einen katholischen Stadtschreiber
in Auerbach. Er hatte eine schöne Handschrift und begann seine Arbeit mit dem
Spruch: „In Domini nostri Jesu Christi nomen. Amen.“
Bürgermeister und Rat sahen in Balthasar Molitor nicht wie gewohnt ihren treuen
Berater, sondern ihren Verräter und einen Spion des Kurfürsten. Dabei wurde
der neue mächtige Mann nicht nur vom Magistrat und von der lutherischen Bürgerschaft,
sondern auch vom katholischen Stadtpfarrer und sogar vom Landrichter gefürchtet,
weil er öfter Geheimberichte und sogar Verleumdungen bezüglich der
Rekatholisierung an die Jesuiten und an die Regierung nach Amberg schickte.
Wie alle seine Vorgänger war auch der neue Stadtschreiber zugleich Notar und
Gerichtsschreiber. Seine Anrede lautete: „Dem ehrsamsten und wohlgelehrten
Herrn, Herrn Balthasaro Molitorii, Notario publico, Stadt- und Gerichtsschreiber
alhie zu Auerbach“.
Dem verdienstvollen und immer noch hoch angesehenen ehemaligen Stadtschreiber
Paulus Negelein genehmigte der Rat eine freiwillige Jahrespension von 25 fl,
auszuzahlen jeweils an Martini, also am 11. November. Dem ebenfalls abgedankten
und nahezu ohne Einkünfte lebenden Johannes Göler konnte die Stadt wegen „gänzlicher
Erschöpfung der städtischen Kasse“ kein Ruhegehalt gewähren. So wurde er
zunächst als Kontrolleur des Bieraufschlags mit einem Jahresgehalt von 18 fl
angestellt. Aber auch diese Einnahme entriss ihm nach wenigen Wochen der neue
Stadtschreiber, indem er den Posten und damit auch die Besoldung für sich
beanspruchte.
Am 3. Juli 1631 starb der unbeliebte und ungeliebte Stadtschreiber Balthasar
Molitor, wahrscheinlich an der Pest, der während des Dreißigjährigen Krieges
immer wieder zahlreiche Menschen unserer Heimat zum Opfer fielen.
Stadtschreiber
Ambros Rost
Nachfolger des Molitor wurde, wie dieser von der Regierung eingesetzt und der
Stadt aufgedrängt, noch im Jahr 1631 Ambrosius Rost. Er stammte aus Halle an
der Saale und war noch 13 Jahre zuvor als kalvinischer Schulmeister in
Kirchenthumbach gleichsam auf der anderen Seite gestanden. Doch er hatte wohl
rechtzeitig konvertiert, hatte dadurch die Gunst der kurfürstlichen Regierung
gewonnen und den begehrten Posten in Auerbach erhalten.
Rost soll zwar ein gescheiter Kopf gewesen sein, aber auch „ein leichtsinniger
Patron und ein echter Sohn der turbulenten Zeit des 30jährigen Krieges“, wie
Köstler in seiner blumigen Sprach schreibt. „Er war immer fidell und vernachläßigte
seinen Dienst in jeder Weise. Während seiner ganzen Amtsperiode fertigte er
keine einzige Rechnung an. Den ganzen Tag saß er in Gesellschaft des Organisten
Michl Herrnberger im Wirtshaus. Diese zwei lustigen Kumpane liebten Gesang und
Becherklang, haßten aber die Arbeit. Sie waren beide vorzügliche Sänger und
treffliche Musiker. Rost blies die Schnabelflöte (Clarinette) recht gut und
Herrnberger war ein ausbündiger Harfenschläger. Entsprechend der Sentenz:
Cantores amant humores zogen sie von Kneipe zu Kneipe. Jeder Wirt liebte diese
handfesten Trinker und fidelen Gesellschafter. Der Landrichter aber sah ihr Thun
und Treiben mit Mißfallen an und in einer Beschwerdeschrift sagte er von ihnen:
Diese zwei Musikanten seint schier des Teufels Leibtrabanten. - Nachdem der
Stadtschreiber auch Notar war und in seinem Haus die Kaufverträge abschloß, so
fanden in der alten Stadtschreiberei fast täglich große Saufereien statt.
Die Parteien mußten fast immer ein Faß Bier liefern und vertranken mit dem
Stadtschreiber den Leihkauf.“ (Köstler, Band VIII,
Seite 42 f)
Ambros Rost war einer der wenigen im Laufe der langen Tradition dieses Amtes der
Stadtschreiber in Auerbach, der nicht zum Wohle der Stadt und zum Ansehen seines
Standes arbeitete. Er war wohl eine der schillerndsten Männer, die im Verlauf
der Jahrhunderte in Auerbach Stadtschreiber waren. So verkaufte er u.a., um sich
Geld zu verschaffen, wider allen Rechts die wichtigsten Dokumente und Urkunden
der Stadt; auch der damalige Bischof von Bamberg Franz von Hatzfeld (1633-42)
soll unter seinen Abnehmern gewesen sein.
Rost wurde schließlich zum 1. Januar 1640 aus den Diensten der Stadt und wohl
auch des Landgerichts entlassen.
Nach der Amtsenthebung musste man feststellen, dass Rost der Stadt auch dadurch
einen großen Schaden zugefügt hatte, dass er die umfangreiche Registratur
mutwillig durcheinandergebracht und zerlegt hatte und viele wichtige Akten und
Urkunden, darunter alle Repertorien für sich behalten hatte. Er räumte auch
die Wohnung in der alten Stadtschreiberei nicht und verlangte als Gipfel der
Unverfrorenheit und Frechheit vom Magistrat 434 Gulden rückständigen Sold. Der
Rat erwiderte dem Rost, dass er absolut nichts mehr zu fordern habe, weil er aus
allen städtischen Kassen Geld genommen habe ohne eine Quittung oder Abrechnung
zu hinterlassen. Wenn er allerdings die rückständigen Stadtkammer- und
Stiftungsrechnungen von 1630 bis 1640 fertigen würde, könnte man ihm wohl eine
Unterstützung geben.
Der abgedankte Stadtschreiber beschimpfte nun in allen Wirtshäusern den
Magistrat und überhäufte ihn mit Spottliedern und -versen. Er fand dabei
meistens auch reichen Beifall seiner Zuhörer.
Anfangs Oktober 1640 zeigte Rost die Bürgermeister beim Kastner an, weil wieder
eines seiner Unterstützungsgesuche nicht erfüllt worden war. Bürgermeister
und Magistrat ließen ihn darauf kurzerhand verhaften und in einen
Stadtmauerturm sperren, und zwar so lange, bis er alle Dokumente herausgeben und
die alte Stadtschreiberei räumen würde. Seine Frau zog mehr oder weniger
freiwillig in das Haus des Johannes Trenz (Nr 230, heute Oberer Marktplatz
6); so konnte wenigstens der neue Stadtschreiber seine Dienstwohnung beziehen.
Die gestohlenen Dokumente aber wollte Rost nicht herausrücken. Nach vierwöchiger
Haft versprach Rost, scheinbar geläutert, die Rückgabe der Urkunden und des
anderen städtischen Eigentums und wurde deshalb in Freiheit gesetzt. Fast wie
zu erwarten war hielt er sein Wort nicht und spottete und schimpfte weiter über
Bürgermeister und Rat der Stadt. Und es kam noch toller: weil die Einnahmen
Rosts klein und sein Durst groß waren, bot er die entwendeten Akten der Stadt
zum Kauf an; diese musste nun ihr Eigentum in den nächsten 6 Monaten stückweise
zurück erwerben. Auf diese Weise verschafft sich Rost sein Biergeld.
Als im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges 1641 die Schweden nach Auerbach
kamen, verlebte der ehemalige Stadtschreiber Rost mit ihnen in den einschlägigen
Lokalen die fidelsten Abende. Bald nach ihrem Abzug starb er am 15. Juli
1641. Unter seinem Nachlass fand man noch viele wertvolle Stadturkunden.
Seine Familie hinterließ Rost in so dürftigen Umständen, dass sich seine
Witwe als Magd verdingen musste, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Erst 1644
gewährte man ihr eine Jahresrente von 30 Gulden und Sohn Heinrich, der in
Amberg studierte, bekam 1654 sogar ein städtisches Stipendium. Beides aber gab
man, wie das Ratsprotokoll überlieferte, „nur aus christlicher Mildthätigkeit
her, denn .... der Stadtschreiber hat sich um die Stadt kein Verdienst
erworben“.
Stadtschreiber
Niedernhuber
Nach der Entlassung von Ambros Rost wurde zum 1. Januar 1640 Paul Niedtenhuber
oder Niedernhuber als Stadtschreiber in Auerbach berufen. Er war über Bürgermeister
Schillinger nach Auerbach gekommen, der mit ihm verwandt war und auch aus dem
Rotttal in Niederbayern stammte.
Am Auerbacher Landgericht wurde gleichzeitig ein eigener Gerichtsschreiber mit
Namen Heinrich Greul angestellt. Seit dem Jahre 1640 ist also die
Gerichtsschreiberei von der Stadtschreiberei getrennt.
Niedernhuber kam zu einer unglücklichen Zeit nach Auerbach und hatte hier,
nicht zuletzt auch als Nachfolger Rosts, mit den schwierigsten Verhältnissen zu
kämpfen. Ohne alle Orts- und Personenkenntnisse trat er in die damals wohl
ziemlich desolate und teilweise auch korrupte Stadtverwaltung ein „und wurde
von der Parteien Gunst und Ungunst auf den trügerischen Wellen der öffentlichen
Meinung bald himmelhoch emporgehoben, bald turmtief in den Abgrund
geschleudert“. (Köstler, Band VIII, Seite 43 f) Praktisch schutzlos sah er
sich den Intrigen seines erbitterten Vorgängers Rost preisgegeben, Neun Monate
lang musste er um seine Dienstwohnung kämpfen und als er sie schließlich hätte
beziehen können war sie total heruntergekommen und praktisch baufällig. Die
Stadt war in diesen Jahren gänzlich verschuldet und alle Kassen waren leer;
seit 10 Jahren war ja durch das Versäumnis des Rost keine Rechnung mehr
gestellt worden. Die Registratur und das städtische Aktenwesen waren, wie schon
geschildert, in grauenhafter Verfassung.
Trotz all dieser Schwierigkeiten brachte Niedtenhuber, der ein schon älterer
und ruhiger und Mann gewesen zu sein scheint, schon im ersten Jahr seiner Amtsführung
Ordnung in die Kanzlei, führte sehr schöne Ratsprotokolle und sanierte auch
das Kassen- und Rechnungswesen. Die finanzielle Lage der Stadt konnte sich
freilich nicht stark bessern, weil im Verlaufe dieser Kriegsjahre fast alle Häuser
mit Einquartierungen fremder Soldaten gefüllt waren und die Bürger durch die
ständige Verköstigung selber kaum etwas hatten geschweige denn ihren
Abgabepflichten nachkommen konnten. Besonders schlimm scheint es zu Beginn des
Jahres 1641 gewesen zu sein, als am 12. Januar sage und schreibe rund fünfzehntausend
Schweden in unser kleines Städtchen kamen und hier ein großes Verpflegungs-
und Nachschubmagazin anlegten.
(Kupferstich von
Matthäus Merian in
Theatrum
europaeum, 1633)
Anführer des
schwedischen Heeres war damals Feldmarschall
Johan Banér,
einer der tüchtigsten
und schillerndsten Generale des 30jährigen Krieges.
Er weilte selbst einige Tage in Auerbach und
beobachtete wohl vom heute nicht mehr vorhandenen Balkon
des damals stattlichen Hauses des Kastners Asch (Nr.
223, heute Unterer Markt 34, Bürgerhaus)
den Ein- und Vorbeimarsch seiner Truppe.
Stadtschreiber Niedernhuber (oder Niedtenhuber) und sein
Vetter, Bürgermeister Schillinger, flohen Hals über Kopf mit Weib und Kind
zusammen mit zahlreichen anderen Bürgern nach Amberg, denn Amtspersonen waren
besonders gefährdet. Der Landrichter, der Kastner, der Pfarrer und die drei
anderen der damals insgesamt vier Auerbacher Bürgermeister hatten sich schon am
9. Januar dorthin in Sicherheit gebracht. Ausführlich beschrieben sind die
„Vorgänge in Auerbach 1641“ im Buch „Die Oberpfalz im 30jährigen Krieg
– der Deutschland und Europa in seinen Bann zog“ (Seite
195 ff, erschienen 1990 in Sulzbach-Rosenberg beim Verfasser Stefan Helml)
Als Niedernhuber mit seiner Familie ein paar Tage nach dem Abzug der Schweden
(16. März 1641) am 20. März wieder nach Auerbach zurückkehrten, fanden sie
ihren ganzen Hausrat demoliert und alle Zimmer geplündert. Die Frau des
Stadtschreibers soll sehr ungehalten über ihren Mann gewesen sein, weil er als
pflichtbewusster Beamter zwar die Dokumente und Ratsbücher der Stadt mit nach
Amberg gerettet, seine eigene bescheidene Habe aber in Auerbach zurückgelassen
und den Schweden preisgegeben hatte.
Der tüchtige Stadtschreiber Niedernhuber starb 1645 (oder 1647) in treuer Erfüllung
seines in Anbetracht der Zeitumstände besonders schweren Dienstes. Seine Witwe
heiratete 1656 den Jakob Hasmann aus Kemnath, der seit 1648 Kastenamtsschreiber
und später auch Bürgermeister in Auerbach war.
Stadtschreiber
Sebaldus Hagedorn
Als Nachfolger von Niedernhuber scheint 1645-1647 Sebald Hagedorn Stadtschreiber
in Auerbach gewesen zu sein. Nähere Angaben bzw. irgendwelche Akten oder
Nachrichten über ihn hat selbst der sehr eifrige Köstler nicht gefunden. Die
einzige Spur seines kurzen Wirkens ist wohl eine Notiz in einem etwas späteren
Ratsbuch, die besagt, dass bei der Witwe des Stadtschreibers Sebald Hagedorn
mehrere Offiziere einquartiert seien. Vielleicht war er ein Sohn des Seilers
Sebald Hagedorn, der 1630-40 Pfarrmesner in Auerbach war.
Die meisten Auerbacher Stadtschreiber übten ihr Amt längere Zeit aus; Sebaldus
Hagedorn dagegen stand, wenn überhaupt, nur zwei Jahre im Dienste der Stadt
(1645-47). Die Ungewissheit über seine Tätigkeit hier scheint mit den Wirren
des 30jährigen Krieges zusammenzuhängen, der in seine Endphase getreten war.
Stadtschreiber
Georg Steinbacher
Am 30. April 1647 übernahm Georg Steinbacher die Stadtschreiberei in Auerbach.
Dieser war bis dahin Gerichtsschreiber in Regen und wird, so meint jedenfalls Köstler,
wohl oft bedauert haben, dass er nach Auerbach gegangen war.
Der eifrige Auerbacher Chronist Köstler beschreibt ausführlich die Umstände,
welche Steinbacher bei seinem Amtsantritt antraf. „Es waren nämlich damals
nicht nur die Zeit-, sondern auch die städtischen Verhältnisse sehr ungünstig
gelagert. Von den Bürgermeistern traute einer dem anderen nicht und alle
trauten dem Stadtschreiber nicht.“ Die Vier Bürgermeister waren 1647 Mathes
Weißmann, Hans Jakob Merkl, Wolf Konrad Neumüller und Thomas Negelein, 1651 lösten
Hans Schillinger und Hans Ferstl Weißmann und Neumüller ab.
Neben diesen sozusagen „rathausinternen“ Zwistigkeiten lief ein ebenfalls
erbitterter Kampf ab, den praktisch der gesamte Magistrat mit dem seit 1652
amtierenden katholischen Stadtpfarrer Heerdegen 1653 wegen verschiedener Punkte
führte. Weil dabei auch der Stadtschreiber und die gesamte Bürgerschaft gegen
den Pfarrer Partei ergriffen, stellte letzterer alle Gottesdienste ein,
„beschimpfte aber zuvor die 4 Bürgermeister öffentlich von der Kanzel und
sagte unter anderem: ,Der fünfte Bürgermeister aber, so den größten Kopf
hat, meint freilich, er hätte großen Witz darinnen, ist jedoch gar nichts
darin, als ein wenig ungescheites Hirn und angebrennter Hirschbrei, untenher
aber nur ungesottne Nudel´. Mit dem 5. Bürgermeister war der Stadtschreiber
Steinbacher gemeint. Von ihm sagte 1653 der Stadtpfarrer ferner: ,Den ganzen
Streit veranlaßte der falsche und jedermann verhaßte Stadtschreiber, der den
ganzen Rat regiert, obwohl sie unter sich wie Hund und Katzen sind und statt auf
dem Rathause auf einer gemeinen Trinkstube (nämlich in der alten
Stadtschreiberei) zusammenkommen´.“ (Köstler, Band
VIII, Seite 47ff)
Stadtpfarrer fürstbischöflich Geistlicher Rat Balthasar Heerdegen wirkte nur
zwei Jahre in der Pfarrei Auerbach und wurde 1654 zum Generalvikar des
neuernannten Bamberger Bischofs Philipp Valentin Voit von Rieneck berufen.
Doch auch nach dem Weggang des streitbaren Geistlichen nach Bamberg infolge
seiner Beförderung trat keineswegs Ruhe in der Stadt ein, denn jetzt gerieten
die vormals kurzzeitig Verbündeten unter sich in Streit. Steinbacher
beschuldigte Bürgermeister Negelein der Untreue und klagte vor allem, dass kein
Amtsgeheimnis mehr gewahrt bleibe und jedes auf dem Rathaus gesprochene Wort an
Pfarrer und Landrichter verraten würde. Die Bürgermeister schwärzten den
Stadtschreiber bei der Regierung in Amberg an und bezichtigten ihn der
unkorrekten Ausübung seines Amtes. Auch beim Landrichter gingen zahlreiche
Verleumdungen und Beschwerden gegen den Stadtschreiber ein, so dass schließlich
1654 eine Regierungskommission dessen Amtsführung überprüfte und dabei ganz
unerwartet auch eine Visitation der Magistratsbibliothek vornahm. Dabei kamen
einige Bücher zum Vorschein, die den Stadtschreiber belasteten, so z.B. eine
1539 in der calvinischen Schweiz gedruckte Bibel und ein Werk des Reformators
Philipp Melanchthon von 1552. Zur Erinnerung: Auerbach war seit 1628 wieder
streng katholisch und jegliche Beschäftigung mit einer anderen Konfession war höchst
verdächtig und zudem gefährlich. Dabei ist gar nicht sicher, dass die
beanstandeten Bücher dem Stadtschreiber gehörten; vielleicht lagen sie
unbeachtet schon länger in den städtischen Regalen im Archiv der
Stadtschreiberei. Sie wurden jedenfalls eingezogen und nach Amberg gebracht, die
restliche Bücherei musste der neue Stadtpfarrer Johann Christoph Bayer überprüfen.
Da die Kommission dem Stadtschreiber außer dieser „verdächtigen“ Bücher
nichts Anstößiges oder Unrechtes nachweisen konnte, blieb er weiterhin im Amt,
sehr zum Unwillen der Ankläger. Die Nörgeleien und Sticheleien aber dauerten
an. Am 3. August 1656 z.B. wurde dem Stadtschreiber bei 5 Gulden Strafe
verboten, Eier über die Gasse zu verkaufen, um sein Einkommen etwas
aufzubessern.
Auch nach dem Ausscheiden von Bürgermeister Schillinger und dessen Tod im Spätherbst
1656 wurde das Verhältnis zwischen Rathaus und Steinbacher nicht besser. Im
Dezember 1657 schließlich wurde dem ungeliebten Stadtschreiber gekündigt und
die Stelle neu besetzt. „Der alte Steinbacher aber hat getrutzet und weder die
Wohnung geräumt, noch die Registratur herausgegeben. ... Der Rat wollte ihm
sofort die städtische Registratur entziehen, damit er es nicht machen könne
wie Ambros Rost, der die besten Dokumente entwendet und auch die Urkunden über
die 7 Benefizien nach Bamberg verkauft hat“, merkt Köstler an.
Eigentlich hätte Stadtschreiber Georg Steinbacher nach der Kündigung durch den
Rat der Stadt schleunigst seine noch ausstehenden Arbeiten abschließen und die
Wohnung in der alten Stadtschreiberei räumen müssen, denn sein Nachfolger
Dietrich Weißmayer hatte den Dienst bereits angetreten. Doch es pressierte ihm
absolut nicht, ja er versuchte, noch verschiedene Vorteile herauszuholen.
Um ihn sozusagen anzuspornen, doch seinen noch ausstehenden Verpflichtungen
nachzukommen, gab ihm die Stadt zwei Achtl Korn, damit er endlich die längst überfälligen
Rechnungen stellen, alsbald die Wohnung räumen und die städtische Registratur
herausgeben möge. Doch auch dieses Entgegenkommen materieller Art half nichts:
Erst an Jakobi (25. Juli) 1658 gab er die Wohnung und Registratur frei, die
Rechnungen liefert er im Februar 1659 ab, und am 2. Mai 1660 zog er von Auerbach
weg.
Georg
Dietrich Weißmayer
Vom 1. Januar 1658 an übte der erst 32 Jahre alte Georg Dietrich Weißmayer nun
über vier Jahrzehnte das Amt des Stadtschreibers in Auerbach aus. In all diesen
Jahren herrschte Harmonie und deshalb auch gute Zusammenarbeit zwischen dem
Magistrat und dem Stadtschreiber.
Mit seiner Berufung hatte die Stadt wieder einmal ein gutes Los gezogen, denn
Weißmayer war sehr tüchtig, äußerst genau und sehr arbeitswillig. Bald hatte
er auch die von seinem Vorgänger arg vernachlässigte städtische Registratur
wieder in Ordnung gebracht.
In seine ersten Dienstjahre fiel ein Umbau des Rathauses.
Dabei wurde u.a. der Aufgang in die oberen Stockwerke überdacht, wie die
folgende Zeichnung zeigt.
So sah das Auerbacher Rathaus von 1660
bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts
aus.
Weißmayer war auch wieder öffentlicher Notar
und wurde zudem vom Rat auch zum „Scholarchen“ erwählt, der die Schulen öfter
zu visitieren hatte.
Als Hilfskraft oder Adjunkten stellte Weißmayer 1675 den Johann Haßmann aus
Kemnath ein, der Kastenamts- und „Privatschreiber“ war und 1656 die Witwe
des ehemaligen Stadtschreibers Niedernhuber (1640 -45) geheiratet hatte.
Genauso wie der Stadtschreiber hatte auch der Adjunkt bestimmte Einkünfte.
1667 wurden dafür folgende Gebühren festgesetzt:
1. Von einer Inventur oder einem Testament, je nach Vermögen, 6 - 15 Kr
2. Von einem Geburts- oder Lehrbrief auf Papier 8 Kr, auf Pergament 12 Kr
3. Von einem Kaufbrief unter 400 fl einen Groschen bis 8 Kr, bei einem höheren
Kaufschilling 15 Kr
4. Von einer Vormundschaftsrechnung 15 Kr
5. Von einer Quittung 3 Kr
Unter der Amtsführung Weißmayers kam also
wieder Ordnung in das städtische Finanz- und Rechnungswesen und die Stadt
konnte fast all ihre Schulden, besonders die drückenden Salzschulden, abzahlen.
Auch die Bürger erholten sich langsam wieder von den Folgen des 30jährigen
Krieges (1618-48) und bauten ihre heruntergekommenen und teilweise schon
verfallenen Häuser nach und nach auf: es stellte sich allmählich wieder ein
gewisser Wohlstand ein, wie er schon in früheren Zeiten in Auerbach anzutreffen
war.
Ende Dezember 1699 musste Stadtschreiber Weißmayer aus gesundheitlichen und
wohl auch aus alterbedingten Gründen seine Stelle aufgeben, zwei Jahre später
starb er im Alter von 75 Jahren. Seine, wie Köstler zu berichten weiß,
„zungengewandte“ Witwe lebte noch lange hier. Sohn Franz Martin studierte
Theologie und feierte 1704 in Auerbach seine Primiz; er bekam dazu vom Rat als
Ehrengeschenk 3 Gulden. (Anm.: Primiz heißt die erste
Eucharistiefeier (Messe) eines neugeweihten Priesters)
Die
Stadtschreiber Frank und Kleinhans
Während Georg Dietrich Weißmayer über vier Jahrzehnte (1658-1699) recht
erfolgreich und zur Zufriedenheit seines Dienstherrn den Posten des
Stadtschreibers in Auerbach ausübte, waren seine beiden unmittelbaren
Nachfolger zusammen nur insgesamt etwas über drei Jahre im Amt.
Am Neujahrstag des Jahres 1700 trat Johann Andrä Frank die Stelle des
Stadtschreibers in Auerbach an. Über Stadtschreiber Frank ist nicht viel überliefert,
außer dass er als Hilfsschreiber den Johann Melchior Hahnakamm beschäftigte
und bereits am 24 Mai 1702 um seine Entlassung aus dem städtischen Dienst
ersuchte, die ihm zum 15. Juni des nämlichen Jahres auch gewährt wurde.
Zum gleichen Tag wurde Johann Melchior Kleinhans, ein studierter und
praktizierender Jurist, als nächster Stadtschreiber eingestellt. Aber kaum dass
der tüchtige Mann sich richtig eingearbeitet hatte starb er Anfang Mai des
folgenden Jahres 1703.
Die
Stadtschreiber Schenkl
Nach intensiver Suche gelang es der Stadt, im September 1703 den Johann Mathias
Schenkl aus Amberg als Stadtschreiber in Auerbach zu gewinnen. Mit ihm begann
eine Ära von rund acht Jahrzehnten, in denen die Schenkl
unsere Stadt prägten. Diesem Geschlecht ist eine eigene Seite gewidmet.
Stadtschreiber
Joseph Göschl
Nach der Ära Schenkl in Auerbach (1703 bis 1783) übernahm
der nur etwas über 20 Jahre alte Joseph Göschl aus Amberg den
verantwortungsvollen Posten des Stadtschreibers. Er musste seinem Vorgänger
Johann Samuel Martin von Schenkl immerhin 1.000 Gulden Abstandsgeld zahlen und
dazu jährlich noch 250 Gulden von seinen Diensteinnahmen geben.
Für Göschl scheint dies aber kein Problem gewesen zu sein, da er zugleich auch
wieder Gerichtsschreiber und öffentlicher Notar war und somit kein schlechtes
Einkommen hatte. Der neue Stadtschreiber war insgesamt gesehen ein sehr
wohlhabender Mann; er besaß u.a. das Landsassengut Burggrub, hatte Felder,
Wiesen und zwei Städel in Auerbach, außerdem große Gilten zu Bernreuth und
viele Zehenteinnahmen an verschiedenen Orten.
Vier Jahre nach Amtantritt Göschls war das Auerbach Rathaus in einem sehr
schlechten baulichen Zustand, einige Gewölbe und Decken sollen sogar
eingefallen sein. Zur notwendigen Sanierung entlieh sich die Stadt 2000 Gulden
aus der Spitalstiftung, musste dafür aber die beiden der Stadtkammer gehörigen
Hammergüter Ranna und Fischstein verpfänden.
Joseph Göschl hatte zusammen mit seiner Frau sechs Kinder; einer der Söhne
war Jurist und lebte in Amberg, ein anderer war 1839 bis 1852 Stadtpfarrer in Nürnberg,
der erste katholische seit der Reformationszeit, wie es damals hieß. Wohnung
der doch recht großen Familie Göschl und Amtslokal war wiederum die alte
Stadtschreiberei.
Verlust des Landgerichts
Die ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts waren eine sehr
turbulente Zeit und brachten auch für Auerbach einschneidende Veränderungen.
Fritz Schnelbögl beschreibt in seiner Chronik „Auerbach in der Oberpfalz“
(einige Restexemplare können im Rathaus noch erworben werden!) sehr
deutlich und eindringlich diese Zeit des Umbruchs: „Die Abkehr von der
Tradition, das Zerbrechen althergebrachter staatlicher Ordnungen bewirkten
auch im Alltag der oberpfälzischen Kleinstadt weittragende Veränderungen. Das
Alte musste weichen, auch viele gute Einrichtungen der Vergangenheit wurden
geopfert, das nicht immer positiv zu bewertende Neue brach sich oft ungehemmt
Bahn.“ (S. 199 ff). Nachdem
nunmehr u.a. auch die ehemals bambergischen Ämter Vilseck (seit 1802) und
Neuhaus-Veldenstein (seit 1804) zu Bayern gehörten, erfolgte eine Neueinteilung
der Verwaltung und Ämter. Die Stadt Auerbach verlor in diesem Zusammenhang
anno 1804 ihr Landgericht, das sie seit 1373 besessen hatte. Der größte Teil
des Gerichtsbezirks mit der Stadt Auerbach fiel an das Landrichteramt
Eschenbach, das mit Wirkung vom 23. September 1810 vom bisherigen Naabkreis
dem Obermainkreis mit dem Appellationsgericht Bamberg zugeteilt wurde. Erst
1837 kam das Landrichteramt Eschenbach und damit auch unser Auerbach wieder
zum Naabkreis (Appellationsgericht Amberg), der im gleichen Jahr auch den
Namen „Oberpfalz“ erhielt.
Auch im Bereich der „kommunalen Selbstverwaltung“, wie es heute heißt,
wurden vom Staat einige Änderungen eingeführt. 1809 bis 1813 hieß z.B. der
Stadtschreiber auch „Stadtrichter“. Weiter wurden 1813 die seit dem Mittelalter
üblichen vier Bürgermeister abgeschafft, und auch der Stadtschreiber musste
seinen Platz räumen. Die bisherigen Magistratsräte Reißer, Tuchmacher,
Georg Neumüller, Weißgerber, Franz Merkl, Rotgerber und Schmauß, Zeugmacher,
wurden als Munizipialräte eingesetzt und bestätigt. Stadtschreiber Joseph Göschl
aber wurde zum Bürgermeister und königlichen Kommunaladministrator bestimmt.
Er übte dies vom 18. Juli 1813 bis zum 23. November 1818 aus. An letzterem Tage
wurde der alte Stadtmagistrat wieder genehmigt; der Rittergutsbesitzer Jakob
von Sonnenburg als Bürgermeister gewählt und Göschl fungierte wieder als
Stadtschreiber wie früher – bis zu seinem Tod.
Nach dem Tode von Göschl (+ 14.6.1823) wollten Magistrat und Bürgerschaft
eigentlich den einheimischen Rotgerbersohn Anton Merkl als neuen Stadtschreiber.
Der Landrichter sprach diesem aber die Befähigung ab und drang auf eine öffentliche
Ausschreibung der Stelle. Wie begehrt der Posten war zeigt schon die Tatsache,
dass sich fast 30 Männer bewarben. Darunter waren z.B.
o |
der ehemalige Rentsamtsoberschreiber Joseph Weinzierl von Auerbach |
o |
der Marktschreiber Johann Prechtl
von Kirchenthumbach |
o |
J.G. Bauer von Neuhaus,
Oberschreiber beim Kgl. Oberaufschlagsamt Bayreuth |
o |
der Tuchscherersohn Anton Luber von
Auerbach, Philosophiestudent und späterer Pfarrer |
o |
Johann Baptist Pini,
Rechtspraktikant am Landgericht Uffenheim |
o |
J. Eschenbach, Marktschreiber von
Nordhalben und Teuschnitz |
o |
Friedrich Wilhelm Zerenner, Amtmann
in Bayreuth |
o |
Karl von Syberg,
Rentamtsoberschreiber in Rotenkirchen bei Kronach |
o |
Wenzeslaus Braun, Marktschreiber
von Rehau |
o |
H. Seybold, Marktschreiber von
Selbitz |
o |
Franz Prunner, Marktschreiber von
Waldershof |
o |
der Oberschreiber des Auerbacher
Rentamts (so hieß das Finanzamt damals) Friedrich Helmreich; er war ein
Pfarrerssohn von Weißenohe und seit 1811 in der Stadt tätig |
o |
Johann Georg Moll,
Landgerichtsschreiber von Kulmbach |
o |
Ritter Georg von Müller,
absolvierter Jurist, Gutsbesitzer von Finstermühl |
o |
Jakob Ludwig Benkert, Schulverweser
von Weidenberg |
o |
Karl Gottlieb Maier, Marktschreiber
von Schwarzenbach a. Wald |
o |
Gallus Helldorfer, Stadtschreiber
von Pottenstein |
o |
Ernst Weinrich, Marktschreiber von
Erbendorf |
o |
Andreas Uhl, Rentamtsoberschreiber
von Weiden |
Der Magistrat erwählte den ortsbekannten
Oberschreiber Helmreich, aber die Gemeindebevollmächtigten wollten "keinen
Protestanten und keinen unstudierten Mann", sondern einen Rechtsgelehrten als
neuen Stadtschreiber. Die Regierung bestätigte schließlich den Helmreich
nicht, weil er kein Gymnasium besucht hatte. Sie teilte der Stadt mit, dass der
Stadtschreiber zwar kein absolvierter Jurist sein müsse, aber doch zumindest
das Gymnasium erfolgreich absolviert haben sollte.
Stadtschreiber Johann Baptist
Pini
Bei der erneuten Wahl wurde der Rechtspraktikant Johann
Baptist Pini vom Magistrat einstimmig als Stadtschreiber gewählt. Auch die
Gemeindebevollmächtigten bestätigten diese Wahl einstimmig, beklagten aber,
dass Pini „ein gar sehr kurzes Augenlicht“ besitze.
Am 12. April 1824 trat Pini seine Stelle an und am 19. Mai wurde er feierlich
verpflichtet. Der Magistrat bestand zu dieser Zeit aus dem Bürgermeister Jakob
von Sonnenburg und den Magistratsräten Apotheker Gast, Rotgerber Franz Merkl,
Kaufmann Gottfried Neumüller, Leonhard Merkl, Tuchmacher Nikolaus Reißer und Färber
Joseph Pitsch.
Der Gehalt des Stadtschreibers Pini betrug anfangs 500 fl und wurde 1842 auf 550
fl erhöht.
Johann Baptist Pini war ein äußerst genauer und pünktlicher Stadtschreiber,
der sich um die Ordnung des Auerbacher Rechnungs- und Kassenwesens sowie der
Registratur viele Verdienste erworben hat. Von ihm wurden auch die heute noch
vorhandenen Repertorien (das sind Übersichten vorliegender Urkunden und Akten)
verfasst.
Am 27. Dezember 1846 wurde Stadtschreiber Pini zum Rechnungsführer der
Strafanstalt Au bei München ernannt und verließ deshalb im April 1847
Auerbach, um seine neue Stelle in Oberbayern anzutreten.
Stadtschreiber
Georg Viernstein
Der
Stadtschreiberposten von Auerbach wurde nach dem Weggang Göschls wieder öffentlich
ausgeschrieben, und auch 1847 bewarben sich wieder zahlreiche Interessenten.
In
der gemeinsamen Sitzung von Magistrat und Gemeindebevollmächtigen am 14. März
1847 wurde schließlich Johann Georg Viernstein einstimmig zum neuen Stadtschreiber gewählt.
Sein Gehalt wurde auf 500 fl festgesetzt. Jene 50 fl Gehaltsaufbesserung und die
120 fl, welche Pini für die Haltung eines Schreibers bekommen hatte, wurden
eingezogen. Nachdem der neue Stadtschreiber ein eigenes Haus besaß (HNr
160/161, heute Untere Vorstadt 8), erhielt er statt der Dienstwohnung in der
Stadtschreiberei 10 fl Wohnungsentschädigung.
Am
6. Mai 1847 fand im Rathaus die Installation und Verpflichtung statt. Dieser war
wohl von Anfang an diesem wichtigen Amt nicht gewachsen. Da er diese geringe Fähigkeit
aber auch nicht durch größeren Fleiß auszugleichen versuchte, schlichen sich
schon bald Ungenauigkeiten und Schlampereien ein, welche dem Magistrat
zahlreiche Beanstandungen durch die vorgesetzten Behörden eintrugen. So
verwundert es nicht, dass während seiner Amtszeit auch das städtische Finanz-
und Kassenwesen allmählich in Unordnung kam.
Eine
besondere Schwäche des Stadtschreibers Viernstein war das Lotteriespiel, für
das er in der Woche regelmäßig 3-4 Gulden einsetzte. Als Beweise seiner
Spielleidenschaft kann man noch heute beim Blättern in alten Ratsbüchern und
Akten Viernstein´sche Lotteriezettel als Merkzeichen finden.
Als
Geldquelle diente dem Stadtschreiber auch mit das Anpachten städtischer Hammergüter,
die er auf diese Weise zusammen mit einigen Ratspersonen gegen ganz geringe Gebühr
zu persönlichem Nutzen innehatte. Joseph Köstler beschreibt die dadurch für
das städtische Eigentum aufgetretenen Missstände recht anschaulich: „Der
Reinertrag der Hammergüter für die Stadtkammer war sehr gering, weil fast die
ganze Pachtsumme wieder für Baureparaturen, Steuern usw. verwendet werden mußte.
Der Holzverbrauch war kolossal, die Eisenproduktion aber minimal und an Qualität
minderwertig. Für die Pächter aber waren die Hammergüter immer noch ergiebige
Melkkühe. Wenn auch der Eisenhandel nicht mehr viel Gewinn abwarf, so war doch
mit dem Holz und Feldbau manches Profitchen zu machen und die Ergebnisse der
Forellenfischerei und der Karpfenweiher waren auch nicht zu verachten. Die
Regierung war mit der Mißwirtschaft des Magistrats schon längst unzufrieden
und wollte besonders die Beteiligung von Amtspersonen am Pacht nicht mehr
gestatten. Mit Grollen und Mißtrauen kontrollierte der Landrichter den Geschäftsbetrieb,
zahlreiche Denunziationen lieferten das Material zu seinen Beanstandungen.“
(Köstler,
Band XIX, Seite 365)
Die
Stadt trat deshalb Anfang des Jahres 1859 mit dem Staat in Verkaufsverhandlungen
über die Hämmer in Ranna und in Fischstein und kam am 5. Oktober 1859 zu
folgendem Ergebnis: Auerbach verkauft die Hammergüter Fischstein und
Ranna und
die dazugehörigen Ländereien im Gesamtumfang von 467,41 Tagwerk, sowie die großen
Forst- und Fischereirechte an den Bayerischen Staat um 72.000 Gulden.
Der jahrhundertlange Hammerbetrieb war damit für immer erloschen.
Eine
nette Episode am Rande dieses Geschäftes überliefert Köstler: „Am 1. April
1860 trat der Staat in den Besitz der erworbenen Güter. Am 21 Juni 1860 wurde
in Regensburg dem (Auerbacher) Bürgermeister Leonhard Neumüller der
Gesamtkaufschilling in lauter Silber ausbezahlt. Er verpackte das Geld in eine
starke Holzkiste und transportierte es, wie er mir öfter erzählte, auf einem
gewöhnlichen Leiterwagen und unter größter Angst vor räuberischen Überfällen
nach Auerbach.“ (Köstler, a.o.O. 367f)
Mit
dem Stadtschreiber Viernstein waren weder Bürgermeister noch Verwaltung zufrieden, aber
sie brachten es nicht fertig, dass dieser sein Amt richtig ausführte. Auch
Landrichter May war sehr erbittert über den nachlässigen Stadtschreiber und
verhängte nicht selten Ordnungsstrafen über ihn. Da aber alle Ermahnungen und
auch die Strafen erfolglos blieben und auch im Rechnungswesen verdächtige
Manipulationen auftraten, drang die Regierung schließlich auf die Entlassung
des Stadtschreibers. Diese erfolgte dann 1862, und zwar ohne dass dem
unehrenhaft Entlassenen auch nur die geringste Pension zugebilligt worden wäre.
Viernstein lebte noch einige Jahre und betrieb in seinem Haus 160/161 (heute
Untere Vorstadt 8) einen kleinen Kramladen und betätigte sich dort auch
zeitweilig als „Winkeladvokat“, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Stadtschreiber
Joseph Schneider
Aus
den über 20 Bewerbern um die so freigewordene Stelle wurde der zu dieser Zeit
in Eschenbach tätige Landgerichtsregistrator Joseph Schneider zum neuen
Stadtschreiber ausgewählt. Er war ein Sohn des Nagelschmieds Johann Schneider
(Hausnummer 264, heute Oberer Torplatz 1), also ein Auerbacher Bürgersohn.
Als
Schneider 1862 seinen Dienst antrat, erhoffte man sich viel von ihm, da ihm der
Ruf eines sehr talentierten und äußerst geschäftsgewandten Mannes
vorauseilte. Aber leider sollte es anders kommen, denn Joseph Schneider wandelte
in den Spuren seines unmittelbaren Vorgängers Viernstein und war im Bräuhaus
HNr 224 (heute Unterer Markt 35, Weiß) regelmäßiger zu finden als in seinem Büro.
Schneider verstand es aber sehr gut, sich bei den Bezirksamtmännern beliebt zu
machen, und deshalb hatte er mächtige Beschützer und beherrschte den Magistrat
und die ganze Stadt in fast souveräner Weise.
Stadtschreiber
Schneider war ein kleines Männlein, weswegen man ihn das „Stadtzamperl“
oder „den Stadtzemzerer“ nannte. „Er war eigensinnig, hitzig und jähzornig,
denn alle kleinen Häferln sieden schnell und laufen leicht über.... So
geschmeidig er nach oben war, so protzig war er nach unten. Da er mit den
Parteien sehr grob und willkürlich verfuhr, hatte er viele Feinde. Er war
nirgends beliebt, war aber wegen seines rachsüchtigen Wesens überall gefürchtet.
Er führte eine scharfe Feder und hatte eine sehr spitzige gewandte Zunge.
Niemand trat ihm offen entgegen, heimlich war alles gegen ihn.
Den
Bürgermeister und die Räte dirigierte er wie Hampelmänner, ganz Auerbach
musste nach seiner Pfeife tanzen. Ich halte es nicht für unrecht, wenn ein
Stadtschreiber seine Meinung zur Geltung bringt; er ist gesetzkundiger als der Bürgermeister
und manchmal auch intelligenter - und objektiver. Warum sollte er also durch
seinen Rat nicht an der Herrschaft der Stadt teilnehmen? Wenn er es freilich
macht wie Stadtschreiber Schneider, und weder die Autorität des Magistrats noch
die Grenzen der Bescheidenheit respektiert, so wird niemand diese Anmaßung
billigen. “ So beschreibt ihn der Zeitzeuge Joseph Köstler.
Seinen
Dienst vernachlässigte Schneider immer mehr, aber niemand getraute sich dagegen
etwas zu unternehmen. Wie seine Diensteifrigkeit nahm auch das Vermögen des
Stadtschreibers immer mehr ab, obwohl er eine äußerst sparsame Gattin hatte..
Als Schneider sein Lebensende herankommen fühlte, bereitete ihm die Begleichung
seiner Schulden die größte Sorge, denn er hatte aus verschiedenen Kassen, die
er zu verwalten hatte, Geld entnommen und auch andere Schiebungen gemacht. Da er
in seiner Verzweiflung nirgends Unterstützung fand, verkaufte er drei Tage vor
seinem Tod plötzlich sein schönes Anwesen und beglich schleunigst alle
Fehlbeträge. Am 24. September 1875 starb er.
Wenn
er nicht zur rechten Zeit gestorben wäre, hätte er sicher irgendwann dasselbe
Schicksal wie sein Vorgänger Viernstein zu erwarten gehabt. Seine Gattin, eine
Tochter des Gerichtsdieners Gigl von Auerbach, lebte mit ihrer einzigen Tochter
noch einige Zeit in der alten Stadtschreiberei; beide starben 1908.
Stadtschreiber
Ludwig Angerer
Während
der Krankheit und nach dem Hinscheiden des Stadtschreibers Schneider versah
Joseph Köstler, der Verfasser der 27bändigen handgeschriebenen Chronik der
Stadt Auerbach, aushilfsweise einige Wochen den Stadtschreiberdienst. Er gab den
Herren des Rats den Rat, diesmal ihr Augenmerk auf einen auswärtigen Bewerber
zu richten, da sie mit den beiden letzten einheimischen Stadtschreibern schlimme
Erfahrungen gemacht hätten. Nach kurzem, aber heftigem Aufbrausen einiger
Lokalpatrioten, die diese „schöne“ Stelle keinem „Hergelaufenen“ gönnen
wollten, wählte man tatsächlich unter den vielen Bewerbern einen auswärtigen
aus. Die einstimmige Wahl fiel auf Ludwig Angerer, der bisher Stadtschreiber in
Pressath war. Dieser war, wie sich bald herausstellte, ein sehr tüchtiger, fleißiger
und kluger Stadtschreiber, der auch mit den Parteien geschickter und
glimpflicher umging als seine Vorgänger. Der Bürgermeister war ganz glücklich,
dass nun alle Arbeiten so rasch gefertigt wurden.
Ludwig
Angerer, ein baumlanger und starker Mann und hatte eine große Familie. Um anständig
leben zu können, trachtete er nach Nebenverdiensten. Er übernahm mehrere
Gemeindeschreibereien vom Lande und versah auch die Stelle des Distriktkassiers.
Er kam auch auf die glückliche Idee, in Auerbach 1882 eine städt. Sparkasse zu
gründen. Durch dieses Institut eröffnete er nicht nur der Stadtkämmerei eine
reichliche neue Einnahmequelle, sondern verbesserte dadurch auch seine eigene
finanzielle Situation. „Dies war durchaus notwendig, denn wenn ein
Gemeindebeamter eifrig und unabhängig arbeiten und mit Treue und Objektivität
dem Gemeindewohl dienen soll, darf man ihn nicht Not leiden lassen.“, meint
sein „Kollege“ Joseph Köstler.
Angerer
wohnte wieder in der alten Stadtschreiberei, welche seit 1847 an verschiedene
Familien (u.a. an Revierförster Wucherer, Physikus Dr. Riegl und Lehrer Grüner)
vermietet war. Er versah 17 Jahre lang sein Amt mit Fleiß und Geschick und
brachte die von seinem Vorgänger Schneider sehr verschlampte Verwaltung wieder
auf Vordermann. Dadurch und durch sein ganzes Wesen erwarb er sich nicht nur die
Zufriedenheit und Wertschätzung seiner Vorgesetzten, sondern auch die
Hochachtung der ganzen Bevölkerung. Aber leider starb er, gerade erst 50 Jahre
alt, am 9. April 1892 eines allzu frühen Todes.
Stadtschreiber
Franz Weiß
Unter
den wie auch diesmal sehr vielen Bewerbern wählte der Magistrat noch 1892 Franz
Weiß, den bisherigen Stadtschreiber von Neustadt. Dieser trat bereits am 1.
Juni 1892 seine neue Stelle an. Er war wieder ein guter Griff und versah 16
Jahre lang sein Amt mit großem Geschick, mit voller Hingebung und peinlicher
Gewissenhaftigkeit. Weiß Zog in die alte Stadtschreiberei ein und wohnte dort
bis 1905.
Die
Arbeit eines Stadtschreibers hatte sich seit 1868 infolge der vielen neuen
Gesetze, Reformen und Institutionen von Jahr zu Jahr dermaßen vermehrt, dass
sie von einer einzelnen Person kaum mehr zu bewältigen war. Stadtschreiber Weiß
arbeitete mit nie ermüdendem Eifer in seinem Beruf und hat sich um die Stadt
Auerbach große Verdienste erworben und die Auerbacher brachten ihm Hochachtung
und Dankbarkeit entgegen.
Der
Magistrat verlieh Franz Weiß 1906 den Titel „Stadtsekretär“, wodurch
leider die altehrwürdige Bezeichnung „Stadtschreiber“ verloren ging. Weiß
war sozusagen in einer Person der letzte Stadtschreiber und der erste
Stadtsekretär von Auerbach.
Das
Übermaß an Arbeit zehrte die Kräfte des Franz Weiß auf und schwächte seine
Gesundheit dermaßen, dass er bereits im Alter von nur 55 Jahren am 1. April
1908 seine Ämter niederlegte und in Pension ging. Die letzten drei Jahre hatte
er, nachdem das Rentamt ins eigene Haus in der Bahnhofstraße umgezogen war, im
2. Stock des Rathauses gewohnt.
verwendete
Quellen
1 |
Brockhaus
Enzyklopädie in 20 Bänden, Band 17, Wiesbaden 1973 |
2 |
Köstler, Joseph, Chronik der Stadt Auerbach,
27 handgeschriebene Bände, Auerbach (wohl) ab 1906, Lagerort Archiv
der Stadt Auerbach |
letzte
Bearbeitung dieses Artikels am 26. Januar 2014
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