Bernreuth alt
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Das alte Dorf
Bernreuth

„Das Dorf Bernreuth ist wohl erst im 7. bis 8. christlichen Jahrhundert entstanden, als die Franken den Nordgau eroberten und kultivierten. Die Franken zwangen besonders die zerstreut und nomadisierend in den Wäldern lebenden heidnischen Menschen zur Seßhaftigkeit, zur Annahme des Christen- und Deutschtums, zum Roden des Waldes, zur Anlage von Feldern und Dörfern.“ So beginnt Joseph Köstler, der große Chronist Auerbachs, vor rund 100 Jahren seine Ausführungen über Bernreuth. (1, Seite 63)
Auf dieser aktuellen Landkarte aus dem BayernAtlas ist mit Wüstung Bernreuth der Standort des ehemaligen Dorfes bezeichnet. Die Grenze des heutigen Truppenübungsplatzes Grafenwöhr ist rot markiert. Am unteren Bildrand ist die Schießbahn 213 teilweise eingezeichnet.

Ortsname
Über den Namen des alten Ortes ist zu sagen: „Die Ortsnamen auf -reuth sind nach Rodung ins Leben getreten; riute, die altdeutsche Form dafür, bedeutet: Stück Land, das durch riuten = ausreuten urbar gemacht ist. ... Die meisten unserer Rodungsnamen sind ... mit Personennamen verbunden, ...“ (2, Seite 23) Die erste Silbe von „Bernreuth“ weist auf den Namen des Ortsgründers hin, der wohl Beringar oder Bernger geheißen hat und als fränkischer Ritter durch Rodung eines Waldstückes die Ansiedlung möglich machte. Sicher hängt der Name „Bernreuth“ nicht mit dem Bären zusammen, wenn dieser damals auch in unserer Gegend vorkam und erst im 15. Jahrhundert ausgerottet wurde.

Aus der Gründungszeit
Das Dorf Bernreuth gehörte die ersten Jahrhunderte seines Daseins einem Ritter, der ortsansässig war und den Markgrafen des Nordgaus oder den Sulzbacher Grafen stand. Im Jahre 1008 kam Bernreuth durch Kaiser Heinrich II. (1002-1024) ans Hochstift Bamberg. Bischof Otto der Heilige von Bamberg wiederum vermachte das Dorf Bernreuth 1119 dem von im neugegründeten Benediktinerkloster Michelfeld. In der entsprechenden Urkunde vom 6. Mai 1119 ist neben vielen anderen Orten der Gegend auch Perhartsruit als Stiftungsgut genannt.
Anno 1144 verlegte der Bamberger Bischof Egilbert auf Bitten des Michelfelder Abtes Adalbert den um das Kloster entstanden Markt in das nahe Dorf Urbach, also das heutige Auerbach. Zugleich weihte der Bamberger Oberhirte auch die neue Kirche St. Jakobus und verlieh ihr Pfarrrechte.

Die erste Pfarrkirche
im 1144 zum Markt und zur Pfarrei
erhobenen Auerbach
war aus Holz.
Sie stand am gleichen Platz
wie das heutige Gotteshaus.

In der lateinischen Urkunde zur Pfarreierhebung von 1144 heißt es u. a.: „ ... quem ibi sacerdotem ordinaverit, christianum legem in villis provideat: in Vrbach, Luicenbuch, Pernhartesruit, Ebersperg ...“ Übersetzt heißt das : „... wen er (der Abt von Michelfeld) dort (in der neuen Pfarrei Auerbach) zum Priester ernannt hat, der soll das christliche Gesetz in diesen Orten versehen: in Auerbach, Nitzlbuch, Bernreuth, Ebersberg ...“ Seit diesem Jahr 1144 gehört Bernreuth zur Pfarrei Auerbach; bis 1119 waren seine Bewohner von der Pfarrei Velden aus seelsorgerisch betreut worden, und danach 25 Jahre lang vom Kloster bzw. der Pfarrei Michelfeld.
Am Ende des 12. Jahrhunderts (um 1180) hieß der Ritter Pernardus de Bernhardesrut.
In einer Urkunde des Klosters Michelfeld von 1327 werden der adlige „Bertholdus de Pernreuth et filius Leuplini“ genannt. Diesem Ritter gehörte ebenso wie dem Kloster Michelfeld ein Teil der Höfe von Bernreuth. Berthold, wie auch das Kloster, verkauften in der Zeit zwischen 1319 und 1327 einzelne Bernreuther Höfe an verschiedene reiche Bürger von Auerbach, das wohl 1314 durch Ludwig den Baiern zur Stadt erhoben worden war; in alten Urkunden werden die Stromer, Pogner und Pestler als neue Besitzer genannt. 1319 gab Berthold den Bühlbauernhof (später HausNr 13 und 14) zu Bernreuth - wahrscheinlich auch das Anwesen mit den späteren Hausnummern 11 und 12 - dem von Konrad Pogner im nämlichen Jahr gestifteten Frühmess-Benefizium der Auerbacher Pfarrkirche. Diese Höfe mussten an den Frühmesser Getreide, Hennen, Eier, Käse und andere Naturalien abliefern.
Der „Heiligenwald“ südöstlich des Dorfes Bernreuth wurde ebenfalls in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, wahrscheinlich auch von oder zumindest unter Mitwirkung des o. g. Berthold, an die Auerbacher Pfarrkirche gestiftet. Die vorgenannten Höfe (Nr. 11 und 13) waren zehntfrei, hatten aber die Verpflichtung, den Heiligenwald zu pflegen und zu beaufsichtigen und an Fronleichnam junge Bäumchen zum Schmuck der Kirche und der Altäre zu schlagen und an zu liefern.

Bernreuth entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten ähnlich wie andere Ortschaften der Gegend; in (3) ist dies und die Geschichte der einzelnen Anwesen ausführlich und bilderreich beschrieben.

Gemeinde Ebersberg
Das alte Dorf Bernreuth gehörte wie Beilenstein, Dornbach und Pinzig zur politischen Gemeinde Ebersberg und lag leicht südöstlich von Nitzlbuch. Auf dieser historischen Karte sind diese Orte eingezeichnet.

Auf dieser alten Landkarte (vor 1935) ist die politische Gemeinde Ebersberg mit ihren Ortschaften Beilenstein, Bernreuth, Dornbach und Pinzig von mir rot markiert. Auch andere Ortschaften, die bei der Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr ab 1936 abgelöst wurden, sind erkennbar, z.B. Haag, Hopfenohe, Kaundorf, Meilendorf usw.
Vom größten Ort der Gegend, der Stadt Auerbach i.d.OPf., lag das alte Dorf Bernreuth etwa 3,5 km (Luftlinie) in südöstlicher Richtung entfernt. Eine Straße - die heutige Bernreuther Straße - verband die beiden Orte. In ihrem letzten Teilstück ist sie heute gesperrt, weil sie durch das Bruchgebiet des Bergwerks (Maffei) führt.

Das Ende des alten Dorfes Bernreuth
Das Reichskriegministerium ordnete mit Erlass vom 28.2.1936 die umgehende Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr nach Westen hin an, nachdem am 16.3.1935 die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland eingeführt worden war.
Ein weiterer Erlass, diesmal durch das OKH (Oberkommando des Heeres), vom 15.5.1936 bestimmte die Errichtung eines großen Truppenlagers im Westen (und auch im Süden) des erweiterten Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Dies bedeutete das Aus für das alte Dorf Bernreuth.

Dieses Fotos (3, Seite 454) zeigt die Anwesen des alten Dorfes Bernreuth mit ihren Hausnummern vom Nordosten her. Dabei sind zwei Hausnummern leider vertauscht: Nr. 23 (beim Eisend) war das hintere Anwesen des Doppelgehöftes (also von links her das erste), Nr. 22 (beim Jungbauer) das vordere (rechte).
Im Vordergrund rechts sind einige Baracken des Arbeiter- bzw. späteren  Flüchtlingslagers, das nördlich der Ortschaft lag. Das Westlager im Süden von Bernreuth (auf diesem Bild im Anschluss an die Anwesen oberhalb) ist offensichtlich erst im Entstehen. Rechts von Anwesen Nr. 1 - in der Natur nordwestlich davon - liegt Nitzlbuch. (auf dieser Karte des BayernAtlas mit Wüstung Bernreuth bezeichnet, Luftbild heute, historische Karte)

Die ersten Ablösungsverträge zwischen dem Deutschen Reich, vertreten durch die RUGes, und den bisherigen Grundstücks- und Anwesenbesitzern wurden im Oktober 1936 geschlossen, die letzten im Mai 1938. Praktisch mit der Unterschrift unter den Vertrag mussten sich die bisherigen Eigentümer (Plan nach 4, Seite 93) schleunigst nach etwas Neuem umschauen.

Anmerkung: Die Reichsumsiedlungsgesellschaft (RUGes) war 1935 als Vollzugsorgan der Reichsstelle für Landbeschaffung für die Neuansiedlung oder Entschädigung von für Zwecke der Wehrmacht enteigneten Grundbesitz eingerichtet worden. Grundlage dafür bildete das Gesetz über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht vom 29. März 1935.

Die Anwesen bei der Ablösung
1 (und 2) Lehner Josef, beim „Schieberl“, (2 bestand seit 1889 nicht mehr, früher beim „Zeitl“), 3 Eckert Anna und Kinder, Wagnerei, beim „Gundl“, 4 Schober Johann, beim „Olnes“ („Änes“), 5 Kipfer Elisabeth, Schmiede, beim „Schmie“, 6 Gradl Michael, Krämerei und Gastwirtschaft, beim „Kapellnbauern“ oder beim „Kappl“

Seit 1750
betrieben die Gradl
den „Gasthof zum weißen Roß“
im Dorf Bernreuth.
Sie zogen 1937
nach Nasnitz,
wo sie heute noch
das Dorfwirtshaus
"beim Kappl"
haben.

Nach der Absiedlung der Kappl 1937 führte zunächst Georg Leißner (später Wirtshaus an der Auffahrt zum Gottvaterberg) und 1940-1959 Therese Gebhardt (später Frau von Hermann Lorenz) die Gaststätte weiter.

Auf den beiden Fotos (Archiv Hubert Albert) ist das Anwesen Nr. 6 1958 (oben) und wenige Monate später (unten) zu sehen.

Heute erinnert nur noch
ein kümmerlicher Mauerrest
an das einst so stolze Wirtshaus
von Bernreuth.
Günther Gebhardt,
Sohn der letzten Wirtin,
stellte sich vor der Ruine
zum Foto.
(April 2011)

7 Zitzmann Georg, beim „Lehnseppl", 8 Gemeinde, Hirt- und Gemeindehaus, 9 Birner Johann, beim „Routn“, 10 Lösch Johann, beim „Reher“, 11 Kraus Georg sen., beim "Baier" („Boier“)

12 Kraus Peter, Bergmann, beim „Spitzer“, 13 Kugler Johann und Anna, beim „Bühlhannes“, 14 Gradl Johann, beim „Bühlbauern“, 15 Merkl Georg, beim „Görgohler“ („Gircholer“, von Georg-Ulrich), 16 Leissner Margareta, beim „Spitzer-Mathes“, 17 Kugler Johann, beim „Maurer“, 18 Friedl Johann, beim „Lienl“, 19 Friedl Johann, beim „Bauernhänsl“, 20 Schleicher Johann, beim „Gradl“ (früher beim „Kounzn“), 21 beim „Hansmichl“ (Anwesen um 1900 erloschen), 22 Fronhöfer Johann, beim „Jungbauer“

Das „Rodlermarterl“ steht heute noch
auf dem Grund des ehem. Anwesens  22.
Georg Rodler hatte es einst
für seinen Sohn Joseph, der 1915 im Osten
gefallen war *, errichten lassen.
Hubert Albert (Foto), selbst in Bernreuth
aufgewachsen, pflegt 
zusammen mit seiner Frau
dieses alte Marterl.

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* 22. Infanterieregiment, 9. Kompanie: Infanterist Joseph Rodler, Bauer, Bernreuth, *11.12.1893 Bernreuth/Eschenbach, + 25.6.1915 nach Bauchschuss durch Infanteriegeschoß; bei der San. Kp. 11 der 11. bayer. Inf. Division. Beerdigt an der Straße Zolkiew-Turynka, 300 m links vom Hegerhaus am Feldweg nach Igoda (Grab Nr. 1).  Beglaubigt Modrynie, 7. Juli 1915, Max Neumüller Lt u. Kp. Führer. (nach 5)
(Das liegt in der Nähe von Lemberg (Lviv) in der heutigen Ukraine. Lemberg
gehörte 1772-1918 zu Österreich bzw. Österreich-Ungarn, anschließend bis 1939 zu Polen.)

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23 Lehner Erhard und Anna, beim „Eisend“, 24 Lehner Max, beim „Wilden“.
Die folgenden Anwesen waren jüngeren Ursprungs und wurden erst Ende des 19. bzw. Anfangs des 20. Jahrhunderts gegründet: 25 gemeindliches Hirthaus, 26 Maschinenhalle, 27 Iberl Anton, 28 Schuster Anna, 29 Leißner Georg, 30 Bauer Christian,

Dieser Stadel vom
ehemaligen Anwesen Nr. 30
hat als einziges Gebäude
des alten Dorfes Bernreuth
überlebt. Er wird heute noch
vom Forst genutzt.

31 Wiesneth Georg, 32 Schmitt Otto, Schuhmacher, 33 Haberberger Michael, 34 Kraus Michael, Waldarbeiter (nach der Ablösung baut er HausNr 36 im neuen Bernreuth), 35 Schöner Anton.

Nach Ablösung noch einige Jahre bewohnt
Die meisten Gebäude des alten Dorfes Bernreuth wurden jedoch nicht gleich nach dem Wegzug der abgelösten Eigentümer abgerissen. Sie  dienten zunächst noch einige Jahre als „Verwaltungsgebäude“ für die Militärlager, oder wurden von aus ihrer angestammten Heimat im Osten Vertriebenen bewohnt.

1941 wurde im Anwesen 22
eine Lager-Poststelle eingerichtet.
Der dazu erbaute Telefonbunker
wurde nach dem Krieg
noch einige Jahre von der US Army
genutzt und steht heute noch.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden alle noch intakten Häuser und Höfe von Heimatvertriebenen bewohnt. Spätestens 1960 jedoch waren sie  allesamt vom Erdboden verschwunden.

In Bernreuth standen auch zwei Kapellen. Die eine etwa in Ortsmitte stammte schon aus sehr alter Zeit und gab dem angrenzenden Anwesen Nr. 6 auch den Hausnamen „Beim Kappl“. Den Neubau um 1800 soll der Bauer Sebastian Friedl (Nr. 18) errichtet bzw. bezahlt haben.

Das andere kleinere Kirchlein baute
1875 der Weber Georg Schmidt
(Nr. 7) und/oder ein Verwandter
von ihm aus Wien
am Ortsrand Richtung Auerbach
beim Anwesen Nr. 29.

Auch diese beiden Zeugen der Bernreuther Volksfrömmigkeit sind, wie das gesamte alte Dorf, nahezu spurlos verschwunden.

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Zeit zu lieben ...

Im Spätherbst 1957
wurden in den verbliebenen Ruinen
des alten Dorfes Bernreuth,
im nahen Hopfenohe,
im Schloss Altenweiher
und an anderen Stellen
im Truppenübungsplatz
einige Filmszenen gedreht.
Der amerikanische Spielfilm
"A Time to Love and a Time to Die ",
u. a. mit Liselotte Pulver, John Gavin,
Klaus Kinsky und Dieter Borsche,
ist die Verfilmung des Romans
"Zeit zu leben und Zeit zu sterben"
von Erich Maria Remarque.

Viele Einheimische
nutzten die Gelegenheit,
Leinwandstars hautnah
zu erleben und gar
ein Autogramm zu ergattern.
Hier Dieter Borsche
unter der Haustür
des früheren Wirtshauses
(Nr. 6, siehe weiter oben).

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Nur mehr kümmerliche Mauer- bzw. Fundamentreste erinnern noch heute (Jan. 2004) an das einstige Dorf Bernreuth mit seiner reichen Geschichte.

... und auch diese letzten Zeugen des uralten Dorfes Bernreuth werden bald von der Natur überwuchert sein, wie dieses Foto von 2011 zeigt:

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verwendete und weiterführende Quellen

1

Köstler, Josef, Chronik von Auerbach, Band XIX, Die Orte der Pfarrei Auerbach

2 Schnelbögl, Fritz, Auerbach in der Oberpfalz, Auerbach 1976  
3 Kugler, Hans-Jürgen, Nitzlbuch/Bernreuth, Auerbach 2000
4 Griesbach, Eckehart, Truppenübungsplatz Grafenwöhr - Geschichte einer Landschaft, Behringersdorf 1985

5

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung IV  (Kriegsarchiv): Kriegsstammrolle

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 26. April 2022

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Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
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