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Stadtschreiber
Paulus Negelein
Die
wohl herausragendste Persönlichkeit unter den vielen Auerbacher Stadtschreibern war
ohne Zweifel Paulus Negelein.
Fritz Schnelbögl, der als ehemaliger Direktor des Staatsarchives Nürnberg 1976
eine umfangreiche Chronik der Stadt Auerbach zusammenstellte, würdigt diesen
Mann ausführlich. Er schreibt: „Negelein betrachtete es als seinen Auftrag,
ein scharfes Auge zu haben auf alle politischen Ereignisse der Zeit, die
irgendwie die Geschicke der Stadt und ihrer Bewohner berühren konnten. Wohl
keiner in der Stadt, kein Ratsherr und kein Bürgermeister, wirkte viele Jahre
lang so nachhaltig bei allen Entscheidungen des Rates mit wie er. ... Er war ein
Mann, mit dem sich Auerbach sehen lassen konnte.“ (1, Seite 157 ff)
Paulus Negelein kam wohl um 1560/62 in Freystadt
(ca. 12 km südwestlich von Neumarkt;
Bayernatlas) zur Welt.
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1577
wurde Negelein,
höchstens 17 Jahre alt,
zum Studium
in die gerade entstehende
Hochschule Altdorf
aufgenommen.
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Kurz darauf wechselte er nach Heidelberg über,
wo er am 8. Dezember 1578 immatrikuliert wurde. Doch schloss er das juristische
Studium nicht ab, sondern ging 1584 nach Auerbach, wo er dem damaligen
Stadtschreiber Georg Weber (1559-1587) als Adjunkt beigegeben wurde. Anscheinend
wirkte er in den kommenden drei Jahren auch an der hiesigen Lateinschule als
Hilfslehrer. 1587 erhielt Negelein die Stelle eines Stadt- und
Gerichtsschreibers in Auerbach, ab dem Jahre 1590 erscheint Paulus auch als
kaiserlicher Notarius, der das Recht hatte, Urkunden zu beglaubigen und
rechtliche Vorgänge festzuhalten.
So
unterschrieb der berühmte Auerbacher Stadtschreiber:
Paulus Negelein, öffentlicher Notar, eigenhändig
unterschrieben.
In
den folgenden Jahrzehnten beeinflusste Negelein als Stadtschreiber wie kein
anderer seiner Vorgänger oder Nachfolger das städtische Geschehen von
Auerbach. Schnelbögl ist voll des Lobes: „Die dynamische Persönlichkeit, die
stets politisch dachte und politisch handelte, enthüllt sich in vielen
Archivalien, die über die damaligen Geschicke der Stadt Auskunft geben, aber
auch in seinen Druckschriften.“ (1, Seite 157 ff)
Auch Joseph Köstler widmete dem Negelein eine längere Abhandlung und schrieb
u. a.: „Paulus Negelein ist einer der berühmtesten Männer in der Geschichte
Auerbachs und der gelehrteste und verdienteste Stadtschreiber dieses Ortes. Er
war ein frommer Lutheraner und charakterfester Mann, der durch die kalvinischen
Beamten wegen der Religion die schwersten Verfolgungen zu dulden hatte. 1592
wurde er sogar im Fuchssteiner, einem
Schloßturm zu Amberg interniert und
schließlich zur Verantwortung nach Heidelberg citiert.“ (2, Seite 34 ff)
Im Siegel führte
Negelein einen Kranich,
der im Altertum als Zeichen der Wachsamkeit galt.
Der
Text darunter in drei Sprachen lautet:
Mit Gott (griechisch)
Sei immer wachsam (lateinisch)
Nichts
aufschieben! (griechisch)
Der
Schriftsteller Negelein
Doch Paulus Negelein war auch als Schriftsteller und
Herausgeber von Schriften und Büchern bekannt. Schnelbögl meint dazu: „Der
Stadtschreiber einer kleinen Stadt veröffentlicht Bücher! Es sind Bücher, die
den Verfasser ausweisen als tüchtigen Kenner der alten Sprachen und dazu als
trefflichen Beobachter des öffentlichen Lebens, als Mann von ausgesprochener
Vitalität, voll von Freude am Denken und mit dem Bedürfnis, sich anderen
mitzuteilen. Negelein paßt eher in die Gesellschaft jener betriebsamen und hervorragenden
Stadtschreiber der vorhergegangenen Epoche deutscher Geschichte, wie sie die
Reichsstädte Nürnberg mit einem Lazarus Spengler, Augsburg mit einem Konrad
Peutinger hatten, als in die Reihe braver Schreibtischbeherrscher. Er war ein
Mann, mit dem sich Auerbach sehen lassen konnte.“ (Schnelbögl, Auerbach, S. 157 ff)
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Negelein
wohnte mit seiner Familie
in der „alten Stadtschreiberei“,
dem ersten Rathaus der Stadt,
wo zugleich sein Amtszimmer war. |
In einigen für die damalige Zeit recht umfangreichen Büchern hat Paulus
Negelein seine politischen, sittlichen und religiösen Grundsätze
niedergelegt. Er schwamm sozusagen auf der neuen Welle des Herausgebens von
gedruckten Büchern, denn erst durch die Erfindung des Buchdrucks mit
beweglichen Lettern durch
Johannes Gutenberg (1455 druckte dieser die 42-zeilige
lateinische Gutenberg-Bibel) war es möglich, literarische oder andere Schriften
in größeren Mengen herzustellen und zu vertreiben.
Schon im Jahre 1600 erschien von Negelein das Werk „Vom Bürgerlichen Standt,
welcher massen derselbe in beharlichem Wesen erhalten und was darzu gehörig,
auch wie der wiederumb zu schaden und untergang gerahten möge, mit einmischung
allerhand zum Bürgerlichen Leben ersprießlichen Exempeln, Lehr und Sprüchen...“.
Das Buch wurde wie gesagt im Jahre 1600 in Amberg bei Michael Forster gedruckt,
also knapp 150 Jahre nach Gutenbergs Erfindung. Heute erscheinen täglich
mehrere neue Bücher auf dem Markt, und der Erwerb dieser Druckwerke ist
erschwinglich. Vor 400 Jahren jedoch waren die Herausgabe eines gedruckten
Buches und der Besitz eines solchen eine ganz große Seltenheit.
Bald nach 1600 erschien das Werk Negeleins auch in tschechischer Übersetzung in
Prag. Dieses erste Buch des Auerbacher Stadtschreibers muss guten Absatz
gefunden haben; denn eine „aufs neue übersehene, korrigierte und vermehrte“
zweite Auflage kam bereits 1607 bei Johann Schönfeld in Amberg heraus, und im
Jahre 1615 ließ Negelein eine dritte, geringfügig veränderte Auflage
erscheinen, diesmal allerdings unter dem Titel „Regentenbuch, von Bestellung
und Erhaltung deß Regiments, sowohl in fürstlichem hohem Stand als gemeynen
Stadtpoliceyen“. Gedruckt und verlegt wurde diese 3. Auflage nun bei Johann Bringers in Frankfurt am Main.
Anno 1616 brachte der eifrige Auerbacher Stadtschreiber bei Abraham
Wagenmann in Nürnberg ein Buch heraus, auf dessen Titelseite lateinisch
steht: „Enchiridion Precationum sacrarum ex illustrissimi ac generosissimi
Principis Mauritii Hassiae etc. et nobilissimi Johannis Christophori Fuchsii
aliorumque clarissimorum virorum ... pro exercenda pietate, iuxta feriem
orationis Dominicae collectarum A PAULO NEGELEIN Reipubl. Aurbachiae Scriba
& Notario publico. Norbergae Typis Abrahami Wagenmanni. M.DC.XVI.“
Das „Enchiridion Precationum sacrarum“ (d. h. etwa Handbuch frommer Bittgebete) ist eine Sammlung von lateinischen Gebeten, die von verschiedenen
christlichen Autoren stammen. Vertreten sind neben uns heute unbekannten
Verfassern auch so bedeutende Namen wie Philipp Melanchthon, Joachim Camerarius
und Nicolaus Selnecker, der aus Hersbruck stammte. Die Sammlung ist nach den 7
Bitten des Vaterunsers geordnet, angehängt sind dem insgesamt immerhin 363
Seiten mit zahlreichen Illustrationen umfassenden Buch besondere Gebete für
hohe Feste des Kirchenjahres, wie Weihnachten, Ostern, Christi Himmelfahrt
usw..
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Mit
dieser Seite
beginnen in Negeleins Buch
die Gebete zur Fasten- bzw.
Passionszeit.
Das Andachtsbuch
Enchiridion Precationum sacrarum
erschien zwei Jahre
vor Ausbruch des 30jährigen
Krieges.
Ein
gut erhaltenes Exemplar
dieses wertvollen und
über 400 Jahre alten Buches
ist
durch einen glücklichen Umstand
in meinem Eigentum.
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Durch
dieses Werk stellte
Negelein, der Verfasser und Sammler zahlreicher damals gerne
gesprochener Gebete, insbesondere seine fromme religiöse Grundeinstellung unter
Beweis. Diese war es auch, welche die Stadt Auerbach in der unruhvollen Zelt der
religiösen Wandlungen des 16. Jahrhunderts vor manchen Erschütterungen und vor
größeren Verlusten bewahrte. So verdanken wir Negelein wohl auch mit die Rettung
der kostbaren gotischen
Monstranz (um 1450 in Nürnberg
gefertigt; Foto siehe weiter unten) der
Auerbacher Pfarrkirche, die einflussreiche lutherisch gesinnte Auerbacher im
Kirchturm einmauern ließen und so dem Zugriff der Amberger kalvinischen
Regierung entzogen.
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Diese aus dem 15. Jahrhundert
stammende gotische
Monstranz
ist ein Kunstwerk
aus einer Nürnberger Werkstatt
und hat die Stürme der Zeit überdauert.
Während der kalvinischen Periode
Auerbachs im 16./17.
Jahrhundert
hatten lutherische Auerbacher
unter Leitung von Negelein
dieses wertvolle Stück
"in einem verborgenen
und wohlverwahrten Gewölbe"
in den dicken Mauern
des Kirchturms
eingemauert. |
Zusammen
mit dieser Monstranz wurden am 17. Juni 1626 u. a. auch sieben alte
und wertvolle Messkelche aus ihrem rettenden Versteck geholt.
Ebenso verhinderten das kluge und tapfere Auftreten Negeleins und anderer Bürger
damals auch den von Staats wegen geforderten Abbruch der wertvollen alten Ölbergkapelle
an der Südfront der Pfarrkirche, indem sie ringsum mit Brettern verschlagen
wurde.
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Gotischer Ölberg
„an der Südseite des Langhauses
außen ... mit spitzbogigem
Kreuzrippengewölbe,
15. Jahrhundert.
Darin die lebensgroße Steinfigur
des knienden und betenden
Heilandes, das Gewand vorne
hoch geschürzt, so daß die bloßen
Knie sichtbar sind, mit dem rechten
Arm den Gewandzipfel
an die Hüfte pressend.
... Um 1500.
Die Jünger und der Engel
sind an die Wand gemalt, modern.
(3, Seite 24) |
Das
alles geschah in der religiös sehr unruhigen und unglücklichen Zeit der
Geschichte unserer Stadt, wo die Gläubigen etwa 100 Jahre (ca. 1530-1630) lang
immer wieder die Konfession wechseln mussten, je nachdem ob der Regent
lutherisch oder kalvinisch gesinnt war.
Paulus
Negelein selber
war zeitlebens
ein zu
tiefst überzeugter Anhänger
der Lehre Martin Luthers,
was ihm, wie später aufgezeigt wird,
noch große
Probleme bereiten sollte.
(Martin Luther
als Augustinermönch,
Kupferstich 1520
von Lucas Cranach d. Ä.) |
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Bereits 1600 hatte der gelehrte Auerbacher Stadtschreiber in Amberg ein Buch mit
dem Titel „Vom burgerlichen Standt ... Mit einmischung allerhand zum
Burgerlichen Leben ersprießlichen Exempeln, Lehr und Sprüchen ... In drey
Theil“
veröffentlicht.
Wie in der damaligen Zeit nicht unüblich verwendete er teilweise Latein und Deutsch nebeneinander. Negelein schreibt darin z.B.
über die Notwendigkeit der Schulen und ihre zweckmäßige Ausrichtung, über
„Nutzen und Lieblichkeit der Sprachen“ und „Der Studien Ergötzung“. Aus
eigener Erfahrung als einflussreicher Auerbacher Stadtschreiber weiß er in
seinem Werk auch manches über die vernünftige Verwaltung einer Stadt zu sagen.
So rät er, man solle sich immer wieder um Erneuerung der alten Stadtprivilegien
bemühen, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Viel komme es auch auf die
Einigkeit der Bürger an, und eine gute Finanzwirtschaft sei sehr wichtig für
eine Gemeinde. Bei der Abhandlung über bürgerliche Einrichtungen kommt er auch
auf die Findelhäuser zu sprechen, und zollte hierin der Stadt Nürnberg ein
besonderes Lob. In diesem Zusammenhang schreibt Negelein (übertragen in unser
heutiges Deutsch): „Neid steht den Faulen oder Leuten, die durch eigene
Schulden in Not kommen, nicht zu gegenüber denen, die besser vorwärts kommen;
gleichwie jener Hund auf dem Heuschober stehend, dessen er nicht genießen
konnte, den Ochsen, der sich davon zu nähren begehrte, auch nicht zulassen
wollte“.
In einem anderen Kapitel verneint Negelein die Frage, ob ein Bauersmann Gewerbe
und Kaufmannschaft treiben solle. Er gibt weiter Ratschläge über Jahrmärkte
und Münzen, betont den Wert und die Instandhaltung der städtischen Gebäude,
spricht von offenen Gast- oder Wirtshäusern, von den gemeinen Brunnen und setzt
sich bei öffentlichen Badehäusern und –stuben für die Trennung der
Geschlechter ein.
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In den mittelalterlichen Häusern
gab es nicht wie heute
private
Badezimmer.
Um dem Bedürfnis nach
Sauberkeit entgegenzukommen,
richteten die Gemeinden
öffentliche
Badestuben ein,
wo oft auch die Bader
tätig waren. |
In einem Kapitel über Privatgebäude zitiert Negelein „als Mann von Welt“
sozusagen den Vers, der an „Auerbachs Hof“ in Leipzig angebracht war:
„O
Mensch werst so stark als Samson
Auch so schön und jung als Absalon
Und hettest Alexandri Macht und Gewalt
Und Hypocratis Kunst mannichfalt:
Dennoch mus tu werden dem bittern Tode gleich
Das mögen merken arm und reich“.
Dr. Heinrich Stromer
(1476-1542), dessen Geburtshaus (heute Oberer Marktplatz 10) ja in unmittelbarer
Nähe des Wohn- und Amtssitzes „Alte Stadtschreiberei“ von Paulus Negelein
stand, hatte dieses Handelshaus um 1530 in Leipzig errichten lassen und seiner
Vaterstadt zu Ehren eben „Auerbachs Hof“ genannt. Heute noch weltberühmt
ist der dortige „Auerbachs Keller“ in der Mädler-Passage.
Stadtschreiber Negelein war wohl ein Verehrer und Bewunderer des Dr. Stromer,
der sich als Arzt, als Wissenschaftler und Autor, als Humanist und treuer Anhänger
Martin Luthers einen Namen gemacht hatte.
In einem anderen Teil des Buches, der sich auf die Bürger als Träger des
gesamten städtischen Wesens bezieht, schneidet Negelein auch die damals wohl
aktuelle Frage an, „ob einem, der außer der Ehe geboren und doch hernach
geehelicht worden“, das Bürgerrecht zu verleihen sei. Er schreibt über die
Ratsherren, die Ratswahlen, das städtische Ämterwesen, die Aufgaben des
Stadtschreibers, über Ärzte, Apotheker und Hebammen usw., eben das gesamte
Gemeinwesen einer Stadt.
„Ungezogene Jugend“, urteilt der fleißige Stadtschreiber an anderer Stelle,
„verdirbt den bürgerlichen Stand. Und wann die Sach fleißig erwogen wird,
befindet man, daß bei Mägdlein die Zucht wohl etwas notwendiger als bey den
Knaben sey, angesehen daß noch heutigs tags das weibliche Geschlecht irer
Schwachheit nach, so in von der Eva, welche dem Adam im Paradeiß mit den
verbottenen Apflbiß anleytung geben, angeborn, wann sie in einer Bürgerschaft
zur Unzucht, Leychtfertigkeit, Müssiggang und Üppigkeit geneigt, mit inen auch
die jungen Gesellen auf solche Untugent verleitet“.
Das Buch ließ sich wohl gut verkaufen, denn 1615 brachte Negelein eine
erweiterte 3. Auflage mit nunmehr 525 Seiten heraus; die 1. Auflage hatte nur
367 Seiten. In der Vorrede zu dieser 3. Auflage würdigt Negelein ausdrücklich
die sittlichen Fortschritte, die seine
Stadt Auerbach in den vergangenen Jahren gemacht habe, und nennt als solche die
bessere Verwaltung der Waisengüter, die reichlichere Austeilung der Almosen und
die Unterstützung der armen studierenden Jugend, einige gute Ordnungen und die
„Abschaffung des überflüssigen Saufens bei Taufen und Hochzeiten.“
Auch dieses Buch „Vom burgerlichen Standt“ hat Negelein nicht allein
geschrieben, sondern, wie schon bei dem Gebetbuch „Enchiridion Precationum“,
mehr oder weniger eine Sammlung vorhandener Artikel angelegt. Das hat ihm
vielleicht bei einigen Zeitgenossen damals Kritik eingebracht, weshalb er
schreibt: „Vielleicht wird der Leser auch dieses zu tadeln haben, daß gegenwärtiges
Büchlein aus vielen Autoribus zusam gezogen. Ich frag aber denselben, ob dann
der lieben Pinlein Arbeit und das von ihnen zugerichte Honig darumben, daß es
auß vielen gesunden Kräutlein gesogen, desto ungeschmacker“.
Paulus Negelein war sicher sehr belesen; er kannte die Werke von Äschylus,
Euripides, Plato, Äsop, Ovid, Horaz, Seneca, vor allem Cicero. Er ist auch
beschlagen in der Bibel und greift er oft zurück auf die großen Humanisten
Melanchthon, Erasmus von Rotterdam und Camerarius.
Negelein, um 1562 in Freystadt geboren und seit 1584 in Auerbach, war zeitlebens
ein überzeugter Lutheraner. Wegen seines Widerstands gegen die kalvinistische
Regierung in Amberg musste sich der gelehrte und streitbare Stadtschreiber, wie
schon gesagt, erstmals 1592 verantworten. Er wurde damals im „Fuchssteiner“,
einem Turm des dortigen
Schlosses, festgehalten und dann zu weiterer Vernehmung nach
Heidelberg zitiert. Doch es sollte gegen Ende seines Lebens rund drei Jahrzehnte
später noch schlimmer für ihn kommen.
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Maximilian, Herzog von Bayern (1597-1651)
und
tiefgläubiger Katholik,
kam bald mit seinem
obersten Feldherrn Tilly
in die
Oberpfalz und nahm sie
für den Kaiser in Besitz.
Dieser verlieh ihm 1623
feierlich die Kurwürde und
übertrug ihm 1628
unsere Oberpfalz.
Maximilian setzte nun alles
in seiner Macht stehende daran,
dass unsere Heimat
wieder katholisch wurde.
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Nach Auerbach kamen die Bayern unter ihrem
Oberstleutnant von Erff am 10. Oktober 1621; sie plünderten die ganze Stadt. Im
Zuge der Soldaten war auch ein Jesuitenpater nach Auerbach gekommen, der erste
Versuche unternahm, die Bevölkerung wieder für den katholischen Glauben zu
gewinnen. Der Erfolg, auch in den folgenden Jahren, war wohl nicht überwältigend,
denn „Außer dem Militär und den Beamten ging ... kein Mensch in die Kirche.
Höchstens trieb die Neugierde einige alte Weiber und Gassenjungen in die
Kirche.“ (Köstler, Band X, S. 283 ff) Bürgermeister, Ratsherren, der
Stadtschreiber als hoch angesehene Amtsperson, die meisten Bürger und Bauern
der Umgebung wollten lutherisch bleiben.
Herzog Maximilian bekam vom Kaiser 1623 die pfälzische Kurwürde übertragen
und versuchte nun verstärkt, in seinem Land das katholische Bekenntnis wieder
einzuführen. Dabei ging ihm allerdings das Bekehrungswerk der Patres viel zu
langsam; er wollte gern mit Tempo und notfalls auch mit Gewalt die Bevölkerung
der Oberpfalz wieder katholisch machen. Schließlich übergab Kaiser Ferdinand
(1619-1637) am 22. Februar 1628 unsere Oberpfalz und die rechtsrheinische
Unterpfalz an Maximilian als Ersatz für dessen Aufwendungen zum Krieg. Der Kurfürst
bestimmte jetzt, dass jeder, der nicht katholisch werden wollte, bis zum 1.
Januar 1629 sein Land verlassen musste.
Negeleins
Ende
Eine schwere Tragik lag über dem Ende des
aufrechten Mannes: Für ihn als überzeugten Lutheraner kam im letzten Abschnitt
seines Lebens, das erfüllt war vom Kampf für seinen Glauben, der Übertritt
zum Katholizismus nicht mehr in Frage. Als einer der ersten, die freiwillig
nicht ihren bisherigen Glauben aufgeben wollten, musste Stadtschreiber Negelein
die Konsequenzen ziehen: Gerade 60 Jahre alt legte er 1623 sein Amt nieder;
„seines blöden Gehörs“ wegen, wie es offiziell hieß, in Wirklichkeit aber
war es wohl eine Folge des Beharrens im lutherischen Bekenntnis. Aus diesem
Grunde war ihm auch kein verdienter Ruhestand an der Stelle seines langjährigen
Wirkens vergönnt. Der pensionierte Stadtschreiber musste 1627 Auerbach
verlassen und zog ins Exil zu einem seiner Söhne, der Hammermeister in
Heimhof
(Gemeinde Ursensollen, Lkr.
Amberg-Sulzbach) war. Dort genoss er noch einige Jahre eine Altersrente, die ihm der
Auerbacher Rat gewährt hatte.
Um 1630 dürfte Paulus Negelein, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der
Stadt Auerbach, gestorben sein.
verwendete und weiterführende Quellen
1 |
Schnelbögl,
Fritz, Auerbach in der Oberpfalz, Auerbach 1976 |
2 |
Köstler,
Joseph, Kirchen- und Schulgeschichte, Band VIII der 27
handgeschriebenen Bände, Lagerort Archiv der Stadt Auerbach |
3 |
Hager, Georg,
Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Band XI,
Bezirksamt Eschenbach |
letzte Bearbeitung dieses Artikels am 1. September 2024
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