Sackdilling
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Sackdilling
ehemals Forst- und Gasthaus

„Wer an einem verkehrsstillen Werktag auf langer Waldstraße von Königstein oder Auerbach oder von Ranna kommend, erstmals dem weißen Forsthaus in der kleinen Waldlichtung begegnet oder wer gar nach mühevoller Wanderung auf dem vielgerühmten ,,Exkursionspfad“ sich nach gastlicher Stätte sehnt, der wird gestehen, daß, wenn irgendwo, so hier das vielgebrauchte und vielmißbrauchte Wort vom „Waldidyll“ seine Berechtigung hat.“ (1)
Diese Worte stammen von Fritz Schnelbögl, dem Verfasser der Auerbacher Chronik. Er schrieb den sehr interessanten Artikel über Sackdilling im Januar 1937. Das oben gezeigte Foto dürfte auch etwa aus dieser Zeit sein.
Auch Chronist Joseph Köstler schwärmte schon kurz nach 1900: „Von 1860 bis 85 war Sackdilling ein vielbesuchter Ausflugsort. Der herrliche Wald, die romantischen Felsgruppen, der prächtige Excursionsweg zur Krottenseer Tropfsteinhöhle (gemeint ist die Maximiliansgrotte) sind ja Magnete mit gewaltiger Anziehungskraft. An schönen Sommertagen, besonders am Pfingstmontag, kommen Hunderte von Touristen nach Sackdilling.“ (2, Seite 456)

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Leider ist die beliebte Gaststätte in Sackdilling seit Frühsommer 2009 geschlossen.

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Für die damalige Zeit war eine Kegelbahn im Freien ein echter Anziehungspunkt.  Sackdilling hatte eine solche, wie diese Ansichtskarte aus der Zeit um 1900 zeigt.

Auch in unseren Tagen wissen viele Einheimische und zahlreiche Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung, die „Waldidylle“ und - bis zur Schließung 2009 - die gepflegte Gastlichkeit des „Forsthauses Sackdilling“ zu schätzen.
Sackdilling gehörte bis 1978 zur Gemeinde Nitzlbuch, und kam mit dieser zum 1. Mai 1978 zur Stadt Auerbach in der Oberpfalz. Die Einöde liegt knapp 5 km südlich des Auerbacher Rathauses im Wellucker Wald. Die nur wenige Hundert Meter entfernte B85 muss westlich des Anwesens den Allmannsberg umgehen.

Frühe Besiedelung
Schon in sehr früher Zeit siedelten in der Gegend um Sackdilling Menschen, wie zahlreiche Funde zeigen. So wurde 1958 beim Maximiliansfelsen im Wellucker Wald, Abt. Birkenschlag, (ca. 2 km südwestlich von Sackdilling; Höhenangabe 515,9) ein bedeutendes Bodendenkmal mit zahlreichen Scherben von Gefäßen gefunden.

Der Maximiliansfelsen,
bei den zahlreichen Kletterern auch
Maximilianswand genannt,
ist ein ganzes Massiv aus Felsen.
Ein einzelnes Foto kann seine Größe
gar nicht darstellen. Dieses Luftbild
aus dem BayernViewer lässt
das Ausmaß (rund um Höhe 515,9)
ein wenig erahnen.

Die ältesten beim Maximliansfelsen gefundenen Stücke stammen aus der Jungsteinzeit (ca. 5.000 - 2.000 v. Chr.), der anschließenden Bronzezeit (ca. 2.200 - 1.200 v. Chr.) und den folgenden Epochen Urnenfelder- (ca. 1.200 - 750 v. Chr.) und Eisenzeit (ca. 800 v. Chr. bis zu Christi Geburt). Bei dieser Fundstelle handelt es sich wohl um einen Kultplatz, vielleicht eine Opferstätte, die, wenn auch nicht ununterbrochen, jahrtausendelang benützt worden sein dürfte.
In der Flur „Reut“ im Oberen Wellucker Wald, ca. 1 km nordöstlich von Sackdilling, wurden aus mehreren Grabhügeln Bronzeringe, Fibeln, Broschen usw. aus der Älteren Eisenzeit (Hallstattzeit ca. 800 - 450 v. Chr.) und der Jüngeren Eisenzeit (Latenezeit oder Keltenzeit, ca. 450 v. Chr. - Christi Geburt) geborgen.
Hier soll auch eine Grube, die zum Schmelzen von Eisen diente, entdeckt worden sein; dies wäre wohl der älteste Nachweis für die Erzverhüttung in unserem Raum. Die Stelle liegt im Truppenübungsplatz Grafenwöhr.

Knapp 500 m südlich des
ehemaligen Forst- und Gasthauses
liegt das Felsenlabyrinth.
Die Markierung mit gelbem Querstrich
führt uns dorthin.
Rechter Hand liegt der Eingang
zum kleinen Bauernloch.
In dieser Höhle mit einer Gesamtlänge
von ca. 35 m wurden 1911
"menschliche Skelettreste, Gefäßkeramik,
Spinnwirtel und eine eiserne Axt
entdeckt." (6, Seite 53f) Aus diesen Funden
könnte man schließen, dass sich hier
vor allem Frauen versammelten,
um ihren speziellen Gottheiten zu huldigen.
Die Felsbärbel, ein "Kräuterweibl",
soll bis 1927 hier gelebt haben.

Ortsname
Joseph Köstler schreibt: „Den sonderbaren Namen Sackdilling leite ich von Sankt Ottilien ab. Diese Heilige erwies sich früher besonders bei Augenkrankheiten sehr hilfreich und bekam von dankbaren Patienten häufig ein Weihegeschenk (ein geschnitztes Bild oder eine Figur aus Wachs), das man in Ermangelung einer Kapelle an einen markanten Baum heftete. Diesen „Bildbaum“ und seine Umgebung nannte man Sankt Ottilien und durch korrupte Aussprache entstand daraus nach und nach das Wort Sackdilling.“ (2, Seite 456) Köstler hatte wohl bei seiner Namensdeutung auch folgende alte Volkslegende im Ohr: „Einst befand sich dort eine dem hl. Ägidius geweihte Wallfahrtskapelle, St. Gilgen genannt, die durch das Ausbleiben der Wallfahrer immer mehr verfiel. Eines Tages kam ein armer fremder Kohlenbrenner, der in seiner Heimat Hab und Gut verloren hatte, in die Gegend und beschloß, in der Nähe dieser Waldkapelle eine Hütte zu bauen. Da er ein frommer Mann war, verrichtete er in dem halbverfallnen Kirchlein jeden Tag seine Gebete. Als er dann eines Tages ein altes Bild der hl. Ottilia (Odilia) an einem Baum entdeckte, nahm er es zu sich, hing es in seinem Wohnraum auf und hielt nun vor ihm seine Andachten. An Sonntagen schmückte er das Bildnis mit Tannenreis und Waldblumen. Als er einmal schwer erkrankte und die hl. Odilia um Hilfe und Fürbitte anrief, wurde er über Nacht plötzlich gesund. Bald verbreitete sich die Nachricht von der raschen Heilung in der ganzen Gegend. Nun wurde diese Stätte wieder das Ziel vieler Wallfahrer.“ (aus „Die Oberpfalz“, 1923)

Das große Bauernloch, auch
unweit vom ehemaligen Gasthaus
Sackdilling
gelegen, weist ebenfalls auf
frühe Nutzung durch Menschen hin.
Die Höhle ist über 60 m lang
und bis auf wenige Meter
so hoch, dass sie aufrecht
begangen werden kann.

Schnelbögl dagegen geht die Frage nach dem Ortsnamen wissenschaftlich an und stellt klar: „Aus dem Jahre 1499 ist mir viermal die Überlieferung „die Wiese, genannt die Sackdietlin“ bekannt. Von dieser Schreibung müssen wir ausgehen, denn die Umwandlung in Sackdilling erfolgte erst im 18. Jahrhundert in Anlehnung an andere -ing-Orte wie Schniegling, Heuchling. Ich erinnere nun daran, daß die Wiesen früher ungemein häufig Namen mit der Endung -in erhielten, und zwar so, daß eine Wiese, die einem gewissen Schütz gehörte oder von ihm stammte, einfach als „Schützin“, die Wiese, die einem Meier gehörte, als „Meierin“ bezeichnet wurde. Die Pfarrei Neunkirchen a.S. erwarb im Jahre 1507 von den Brüdern Fritz, Hans und Georg Eppenauer eine Wiese bei Speikern. Später nannte man diese Wiese die „Eppe­nauerin“. Eine andere Wiese, die man von einem Haus Kopp gekauft, hatte, hieß man die „Köppin“. Aus vielen Orten wird man solche Beispiele beitragen können. So erklärt sich auch zwanglos Sackdietlin als Wiese eines Sackdietel, als Wiese eines Dietel (Kurzform für Dietrich oder Diether) Sack.
Weder eine heilige Ottilia noch ein heil. Egidius sind für den Namen des Ortes verantwortlich. Vielleicht stand bei der Bildung dieser Legenden, die übrigens erst aus dem 19. Jahrhundert stammen dürften, folgende Erinnerung Pate: Nicht allzuweit entfernt von Sackdilling, in der Ortsflur Pommershof, am Wege, der von Auerbach nach Kürmreuth führt, befand sich vorzeiten eine Kapelle. An diesem Wege liegt nun eine Flur „Gilgensee“. Man darf annehmen, daß dieser Gilgensee so viel bedeutet wie Egidiensee, ähnlich wie in Nürnberg der Gilgenhof der St. Egidienhof, die Gilgengasse die St. Egidiengasse ist. Also wird die Kapelle bei Pommershof eine Egidienkapelle gewesen sein. Lediglich die Erinnerung an diese benachbarte Kapelle mag dann die Erklärung des Namens Sackdilling mit „St. Egidien“ und ein ähnliches Mißverständnis die Deutung mit „St. Ottilien“ veranlaßt haben.“ (3, Seite 69f)
Kürzer drückt es Schnelbögl, der ehemalige Leiter des Staatsarchivs Nürnberg, so aus: "Die hübsche Siedlung im Wald ist erst i.J. 1595 ins Leben getreten. Damals und schon im 15. Jahrhundert hieß der Platz Sackdietlin, hat also nichts mit den alten Ortsnamen auf -ing zu tun. Der Name bedeutet Wiese des Dietel Sack." (4, Seite 27)

Erster Hof vor 400 Jahren
Der Flurname „Sackdietlin“ ist schon aus dem ausgehenden 14. Jahrhundert überliefert, die erste Nachricht über ein dort errichtetes Gebäude stammt erst von 1595 bzw. 97. Damals erhielt der Auerbacher Landrichter Clas Henrich von Eberbach von der kurfürstlichen Regierung in Amberg die Erlaubnis, dort ein „Hüttlein“ zu bauen und weiteren Wald zu roden, um Landwirtschaft zu betreiben.
1607 erwarb das Bürgerspital Auerbach das Gut, das dann im "Dreißigjährigen Krieg“ (1618-48) allmählich verfiel. 1687 baute die Spitalstiftung den Hof wieder auf und bewirtschaftete die Felder.
Um 1721 erwarb der Auerbacher Landrichter Freiherr von Blumenthal, der auch Besitzer von Hammergänlas war, Sackdilling. Sein Nachfolger Johann Georg von Grafenstein erwarb beides 1757 von der Gant weg. 1844 schließlich verkaufte Hermann von Grafenstein Sackdilling an den bisherigen Pächter Johann Kugler von Nitzlbuch. Dessen Sohn Georg wiederum trat das Anwesen 1853 um 8.400 Gulden an den Staat ab.

Das Forsthaus
Dem Wegmacher Ulrich Gsell vom Sand (Ortsteil von Nitzlbuch, seit 1978 zur Stadt Auerbach gehörig) war zum 9.11.1859 die neu geschaffene Stelle eines Waldaufsehers mit Wohnsitz Sackdilling übertragen worden. Die königliche Forstverwaltung ließ wohl auch aus diesem Grund in dieser Zeit neben den bisherigen Gebäuden eine Diensthütte errichten; vielleicht war dies zugleich oder zumindest eine Zeit lang die Wohnung für Gsell, der 20 Jahre bis zu seiner Pensionierung 1879 in Sackdilling war.

Eine der ersten Ansichtkarten vom Forsthaus Sackdilling (vor 1900)
(links Stall und Scheune, in der Mitte das Wohn- und Gasthaus,
rechts auf der anderen Straßenseite die Diensthütte des Forsts)

Um 1860 war auch die Gaststätte eingerichtet worden. Ob Gsell neben seiner Forsttätigkeit zugleich die Gaststätte betrieb ist nicht sicher; sein Nachfolger in Sackdilling jedenfalls wurde der Rottmeister Joseph Kipfer.

Im Garten gegenüber dem Wohnhaus steht ein altes Marterl. Von der Zeit seiner Entstehung her könnte die Inschrift IK auf die damalige Betreiberfamilie Kipfer hinweisen.
Warum das Gedenkkreuz davor mit der Aufschrift Ein deutscher Soldat hier aufgestellt wurde, ist mir nicht bekannt.

Die beiden Tagwerkerhäuser verfielen allmählich und wurden um die Jahrhundertwende gänzlich abgebrochen. 1911 wurde das übrig gebliebene Gebäude dem Waldwärter Joseph Kipfer und seiner Familie als Dienstwohnung und Wirtshaus zugewiesen; ob dies der gleiche wie um 1870 oder vielleicht dessen Abkömmling war, ist noch zu klären.
Auf Joseph Kipfer folgte Ludwig Frank (1925-49) als Förster und Wirt in Sackdilling. In seiner Amtszeit war
bis 1945 der Wald um Sackdilling ein beliebtes Jagdrevier von Hermann Göring. Dieser erwarb 1939 die Burg Veldenstein bei Neuhaus, wo er mit seinen Eltern schon viele Jahre vorher zeitweise wohnte. Der Reichsjägermeister ließ den Weg von Neuhaus nach Sackdilling gut ausbauen, damit er leichter und schneller in dieses Rotwildrevier kommen konnte.

Nach Kriegsende
und kurzer Zwangsinternierung
wohnte die Witwe Emmy Göring
mit ihrer Tochter Edda
zwei Jahre lang
in der Dienst- und Jagdhütte
gegenüber dem Forst- und Wirtshaus
in Sackdilling.

Rudolf Renner (1949-70) war der letzte Förster, der seinen Dienst- und Wohnsitz in Sackdilling hatte. Die Forstdienststelle wurde allerdings bereits 1964 nach Auerbach (Obere Bergstraße 7, ab 1978 Siechenstraße 15) verlegt. Forstamtmann Heinz Eckert versah 1972 bis zur Reform der bayerischen Staatsforstverwaltung zum 1. Juli 2005 den Dienst des „Sackdillinger Försters“.

Das Gasthaus
Zur gleichen Zeit wie das Wirtshaus, also um 1860, entstand auch ein Festplatz in  Sackdilling. Es war ja, wie eingangs schon geschildert, vor allem an den Sonn- und Feiertagen viel los dort. Zahlreiche Besucher wussten die idyllische Lage inmitten des ausgedehnten Waldgebietes von jeher schätzten.
Gastwirte waren bis 1964 die oben genannten jeweiligen Förster. 1964 tauschte Martin Renner, der verstorbene Vater des derzeitigen gleichnamigen Besitzers, ein Stück Privatwald gegen Sackdilling ein. Er bewahrte dadurch das Gasthaus vor der Schließung durch den Staat, denn derartige Enklaven waren schon ein Dorn im Auge der Forstbehörde.

Ab 1975 erfolgte dann ein gründlicher Um- und Anbau des alten Forst- und Wirtshauses Sackdilling in einen modernen Gastronomiebetrieb, der wie vor über 100 Jahren, wieder Ziel zahlreicher Besucher war.

Busausflügler
steuerten Sackdilling gern an,
auch wegen der großen Sonnenterrasse.
Besonders für Familienfeiern
und größere Gesellschaften
waren die drei ausgedehnten
und gemütlich eingerichteten Gasträume
gut geeignet.

Der unmittelbar neben dem Gasthof
von der Stadt Auerbach
eingerichtete Kinderspielplatz
wurde von Familien mit Kindern
und natürlich den jungen Gästen
gerne angenommen.

Leider wurde er
ebenfalls aufgegeben. 

Seit Frühsommer 2009 ist die Gaststätte leider geschlossen.

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Rund* um Sackdilling lässt sich gut wandern, z.B. auch im Auerbacher Bürgerwald.  Mehrere Höhlen, wie das Windloch (Artikel von Keupp/Plachter, Erlangen 1972)  reizen nicht nur die Höhlenforscher. Das Felsenlabyrinth mit dem großen und dem kleinen Bauernloch ist ebenfalls einen Besuch wert.
*Nur wenige hundert Meter westlich des Wohnhauses beginnt der Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Allerdings findet in diesem Bereich nahezu kein Übungsbetrieb statt.

"Sackdilling. Eine Oase im grünen Wiesenteppich, umschlungen vom Arm des Hochwaldes. Hier ist gut sein!" (5, Seite 459)

verwendete und weiterführende Quellen

1 Schnelbögl, Fritz, Sackdilling - Ein Ortsnamenrätsel, Beilage Heimatkurier des Fränkischen Kuriers vom 10.1.1937
2 Köstler, Joseph, Kirchen- und Schulgeschichte von Auerbach, Band XIX
3 Schnelbögl, Fritz, Sackdilling - Ein Ortsnamenrätsel, in Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft (ANL) vom Juni 1964
4 Schnelbögl, Fritz, Auerbach in der Oberpfalz, Auerbach 1976
5 Hering, Geo, Gang um Auerbach, in Oberpfälzisches Heimatbuch, Kallmünz 1950
6 Lang, Stephan, Höhlen in Franken, Nürnberg 2002

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 30. Dezember 2021

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