Sand
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Der Sand

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Sand von einem kleinen Weiler zu einem ansehnlichen Dorf entwickelt, dessen Ausmaß dieses Foto (2005; am 1.1.2012 117 Einwohner) gar nicht erfassen kann. Er liegt im Süden der Stadt Auerbach, gut einen Kilometer vom Rathaus entfernt. Bis zur Gebietsreform 1978 gehörte der Sand wie Bernreuth, Sackdilling und Welluck zur politischen Gemeinde Nitzlbuch. Er kam zum 1. Mai jenen Jahres mit dieser zur heutigen Stadt Auerbach i.d.OPf..

Woher der Ort seinen Namen hat ist auch heute noch unschwer zu erkennen: die reichen Sandvorkommen sind praktisch unter einer relativ dünnen Humusschicht auf Schritt und Tritt anzutreffen.

Der reichlich vorkommende Bodenschatz Sand wurde vor allem in der Vergangenheit umfangreich abgebaut, wie aufgelassene Sandgruben beweisen. Stillgelegte, wie hier "Wallners Sandloch", passen sich gut in die Landschaft ein, und werden z.B. als Fischweiher genutzt.

Abdecker am Sand
Für die Stadt Auerbach erlangte der Sand spätestens im Jahre 1690 eine besondere Bedeutung, als dorthin nämlich die Abdeckerei verlegt wurde.
Der Abdecker (der Name kommt vom Abziehen des Felles, eben der Decke toter Tiere) hieß auch Schinder oder Wasenmeister. Dieser war früher für die Beseitigung toter Tierkörper verantwortlich. Da dies zwar eine unangenehme Tätigkeit, aber gerade für ländliche  Gegenden wichtige und deshalb dringend notwendige Einrichtung war, wurden die Abdecker von den Gemeinden angestellt und besoldet.

Eigene Wasenmeister-Ordnungen
wie  diese hier von 1733
im Königreich Preußen
legten genau die Aufgaben usw.
dieses Berufsstandes fest.

Ganz früher war es jedem Besitzers selber überlassen gewesen, die Körper verendeter Tiere zu beseitigen. Die Kadaver wurden so z.B. auf freiem Feld vergraben oder in den  nächstbesten Bach oder Weiher geworfen. Der Entstehung und Verbreitung von Seuchen waren dadurch Tür und Tor geöffnet. Deshalb wurde ab dem Spätmittelalter (etwa 1250 bis 1500) vor allem in den Städten das spezialisierte Abdeckergewerbe geschaffen.

Die alternative Bezeichnung Schinder
kam daher, weil der Abdecker
häufig auch zugleich Gehilfe des Henkers
oder gar selber der Scharfrichter war.
Eines dieser Gewerbe allein konnte
seinen Mann meist nicht ernähren.
(Dürer, Die hl. Katharina und ihr Henker,
Federzeichung von 1517)

Die Abdecker der Stadt Auerbach wohnten seit alter Zeit im Haus Nummer 18 (heute Obere Vorstadt 14). Der früheste bekannte Bewohner war 1618 ein Georg Finsterer, Abdecker und Flurer. Der Flurer oder Flurwächter hatte z.B. die Aufgabe, durch die Felder zu gehen und zu verhindern, dass dort etwas gestohlen wurde.

Die Gebäude 18, 19 und 19a (Foto aus 2, Seite 63) waren von der Stadt Auerbach außerhalb der Mauern erbaut  worden. 18 war als Wohnhaus des Abdeckers, Flurers und Schinderknechts bis zum Jahr 1814 in städtischem Eigentum. Nr. 19 war ebenfalls lange vor dem 30jährigen Krieg (1618-48) erbaut worden, und Wohnstätte des oberen Kuhhirten. Erst 1960 wurde dieses Häuschen von der Stadt verkauft. Nr. 19a schließlich war die städtische Bummelstallung, die im Jahre 2000 abgebrochen wurde.

Die Werkstatt des Abdeckers, auch Schinderhütte genannt, stand zunächst auf dem Gelände des späteren Bahnhofs bzw. heutigen Feuerwehrgerätehauses. Hier zog er den toten Tieren die Haut ab, trocknete sie und lieferte sie bei den Gerbern ab. Weiter  entnahm er den Kadavern die wiederverwertbaren Teile. So wurde z.B. durch Kochen Fett bzw. Unschlitt gewonnen und an Seifensieder und Kerzenzieher verkauft. Sehnen usw. wurden in der Luft getrocknet und an den Leimsieder veräußert. Etwas Geld brachte auch der Handel mit Klauen, Hörnern und Roßhaar ein. Diese "Produkte" mussten aber oft länger gelagert werden, bis eine bestimmte Menge zusammengekommen war und sich der Abtransport zur Weiterverarbeitung rentierte. Schließlich wurden die Überreste der Tierkadaver nach dem Ausschlachten vor Ort, also in der Nähe der Schinderhütte, vergraben.
Man kann sich leicht vorstellen, dass die Nähe zur Stadt und zu den Wohnhäusern sich nicht unbedingt als glücklich erwies. Es wurde deshalb häufig darüber geklagt, dass "die dort verscharrten Kadaver einen gar üblen Gestank verbreiten, der in die Stadt hereindringt". (1, Seite 457) Weiter wurde auch moniert, dass sich "in der Schindhütte nächtlicherweise alles liederliche Gesindel zusammenfinde".

1680 und vor allem in den folgenden Jahren
suchten mehrere Viehseuchen unsere Gegend heim
und forderten große Opfer unter den Tieren,
die alle vom Abdecker zu verwerten waren.
Der Zustand wurde dadurch so unerträglich,
dass die Stadt auf Drängen des Landrichters
Otto Ludwig, Freiherr von Lützelbourg,
die Wasenmeisterei 1690 auf den Sand verlegte.
Die nebenstehende etwa 100 Jahre alte Karte
dokumentiert noch den Siedlungsnamen
Abdecker a. Sand.

Im Haus Nummer 18 blieb zunächst weiter die Wohnung für den städtischen Abdecker und seine Gehilfen, die Schinderknechte. 1814 erwarb das Anwesen der Wasenmeister Johann Ullschmied aus Hohenburg.
Für die "Abdeckerei Sand" werden folgende Wasenmeister genannt, die nach dem Verkauf des städtischen Gebäudes auch dort wohnten: Hans und Michl Stark (bis 1695); Gallus und Hans Wolf Müller (bis 1726); Hans Konrad Müller und Georg Jakob Hörmann (bis 1735); Georg Müller und Dietrich Schwarzenbacher (bis 1766; Letztgenannter stammte aus Hohenburg und soll "ein berühmter Arzt für Menschen und Tiere" gewesen sein); Georg Müller jun. und seine Witwe (bis 1794; "Sein Gehilfe Peter Schlehhuber war ein weit und breit gesuchter Medizinmann, der nach dem Zeugnis des Landrichters viel glücklichere Kuren machte als der studierte Dr. med. Martin Kühn" (1, Seite 458f); Johann Ullschmied (bis 1839); die Witwe Katharina Ullschmied und ihr Sohn Joseph (bis 1850); Ulrich Gsell aus Michelfeld, dessen Frau eine geb. Ullschmied vom Sand war (bis 1855); Adam Gsell und seine Nachkommen (bis 1895; zum Anwesen gehörten in dieser Zeit 16,47 Tagwerk Grund); Joseph Gsell und seine Ehefrau Barbara, geb. Kipfer (bis 1908); die Witwe Barbara Gsell und ihre Kinder (ab 1908).
Wann die "Abdeckerei Sand" endete muss erst noch geklärt werden. Heute jedenfalls stehen in diesem Dorf rund drei Dutzend Häuser, und seit Jahren ein eigenes Wirtshaus. (Luftbild aus BayernViewer)

verwendete Quellen

1 Köstler, Joseph, Chronik der Stadt Auerbach,  Band XIX
2 Kugler, Hans-Jürgen, Auerbach in der Oberpfalz - Die Geschichte seiner Häuser und Familien, Band 1, Auerbach 2008
3

The Yellow Rose of Texas
Song aus der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 23. April 2012

Über mir leihweise zur Verfügung gestellte
Fotos und Informationen
über die Ortschaft Sand
würde ich mich sehr freuen,
denn diesen Artikel könnte dann weiter ausgebaut werden.

Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
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