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Auerbacher Ratswahlordnung
von 1354
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Ludwig
der Bayer,
oder Ludwig IV. aus dem Hause Wittelsbach
hat für die Entwicklung von Auerbach
eine sehr große
Bedeutung.
Ludwig
wurde am
1. April 1282 in Heidelberg geboren,
war Herzog von Bayern, Pfalzgraf, deutscher König
und Kaiser des
Heiligen Römischen Reiches.
Er starb am 11. Oktober 1347 auf der Jagd
bei Fürstenfeldbruck, und
wurde in der Münchner Frauenkirche
beigesetzt. (Foto Grabplatte) |
Als Auerbach von Kaiser Ludwig dem Bayern
1314 zur Stadt erhoben wurde, war für die nunmehrigen Bürger damit u.a. das
Recht verbunden, einen eigenen Rat zu wählen. Dafür wird es sicher von Anfang
an schon Regeln, eine Wahlordnung, gegeben haben, zunächst wohl nur eine
von anderen Orten erfragte und übernommene, und dann mündlich überlieferte.
Bald stellte sich heraus, dass diese erste Regelung eines so wichtigen Geschäftes
wie der Wahl von Bürgermeister und Ratspersonen einer genaueren Festlegung
bedurfte.
Man hatte bestimmt auch schlechte
Erfahrungen mit dem „Wahlkampf“ gemacht, wie am Beginn der noch erhaltenen
Ratswahlordnung von 1354 zu lesen ist, die vier Jahrzehnte nach der
Stadterhebung am Walpurgistag (1. Mai) von Kaiser Karl IV. gegeben und bestätigt
wurde.
Karl IV. (1316 - 1378)
war römisch-deutscher König (ab 1346),
König von Böhmen (ab 1347) und
römisch-deutscher Kaiser (ab 1355).
Er gilt allgemein als der bedeutendste Kaiser
des Spätmittelalters.
Karl starb am 29. November 1378 in Prag
und fand im dortigen Veitsdom
seine letzte Ruhestätte. |
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In der Ratswahlordnung von 1354 heißt es, dass die verstorbenen Eltern der damaligen (1354)
Auerbacher „vor Zeyten etwas ... Ergernuss und Unwillen gegen einander gehabt
haben und noch heuten des Tags unter einander haben, ... wenn man zu Sant
Walburgen Tag ainen newen Rat machen und welen sol.“ Jedermann hub ein übermäßiges
Schreien an „in der Gemain; ayner wolt den, der ander einen andern, also das
alte, ersame, weys Leut mit solichem Geschray ersteckt (erstickt) und hinhinder
(zurück) wurden geworfen, davon sich oft grosser Neyd, Has und Zenk unter
fromen Leuten erhub, das davon der Stat Nutz, Ere und Fromen dester mynder (umso
weniger) verpracht (vollendet) werden mochten.“
Es scheint also ganz schön was los
gewesen zu sein in unserer Stadt zu Kommunalwahlkampfszeiten vor rund 650
Jahren; noch dazu war jedes Jahr Neuwahl, nicht wie heute nur alle sechs Jahre.
Man kann sich gut vorstellen, dass „in der Hitze des Gefechts“ gemachte Äußerungen
noch gar nicht recht aus der Welt geschafft waren, als schon der nächste
„Wahlkampf“ anstand.
„Darumb haben wir, Burgermaister, Rat
und Gemain mitsambt der Eltesten unser Mitburger das unserm genedigen Herrn, dem
Konig von Behemen, und seinen Reten mit Hilf unsers Pflegers Volkolt von Tann fürgelegt
und erzelt. Die haben iren Rat und Hilf darzu geton und iren Willen, Laub
(Erlaubnis) und Gunst darzu geben, solich Irrsal und Zwitracht fürbas (künftig)
gewendet werden, auf das Arm und Reich, die ganz Gemain und alle unser Nachkomen
ytzund (jetzt) und in kunftigen Zeyten aynen Rat dester (desto) pas (besser)
untertenig und in aller Gerechtigkeit beholfen und gehorsam zu sein und fürbas
solichs Geschray entladen (enthoben) werden und kain Newigkait (Neuerung), obe
Got will, unter uns mer geschen solle, auf das mit Gotts Hilf unser und aller
unser Nachkomen Eren, Nutz und Fromen gemert (vermehrt), gesterkt und zunemen
solle.“
Es folgt nun die genaue Festlegung des
Wahlvorganges. Darin wird beschrieben, dass „ain Frager“ (so wurde wohl
damals der Bürgermeister genannt, weil er als Vorsitzender die Entscheidungen
der Ratsmitglieder erfragt, also abstimmen lässt) den „Ambtman“
(kaiserlichen Pfleger) veranlassen, den Rat „zusamenpieten“ (einzuladen).
Dann solle er von Haus zu Haus gehen „und allermenniglichen, Arm und Reich,
die Burger seynt, bey funfzehen Pfennig zu Wandel (Strafe) auf Sant walpurgen
Tag nach der Fruemeß auf das Rathaus zusamenpieten und komen.“
Falls ein Bürger
„one redlich ehaft Not“ (rechtlich anerkannte Verhinderung) nicht erscheine,
„da soll man die funfzehen Pfennig von nehmen on Genad“. Das Bürgerecht war
also bei Strafe mit einer Wahlpflicht belegt, eine hohe Wahlbeteiligung war die
Folge.
Parteien oder Wählergruppen spielten
keine Rolle, denn es sollte „yedes Viertail (die Stadt war in vier Viertel
eingeteilt) zusamen tretn und geen und von der Herrschaft Stat (Stadt) Nutz und
Eren reden und ihres Viertails Notturft (Bedarf, Notwendigkeit) bedenken, es sey
an Feur, Wasser, Maur, (Stadtmauer), Greben, Weg, Steg, ... oder von
kriegerischen Nachtparn, an raynung (Reinigung, Sauberhaltung) in der Stadt oder
auf dem veld an Gemayn.“
Jedes Stadtviertel wählte nun zwei „unverleumunter
(gut beleumundet) alter weyser fromer Man, die geeet (verheiratet) sein und
eelich geborn von iren bayden Eltern Vater und Mutter, ungescholten an iren
Rechten ...“ Die auf diese Weise gewählten Acht bestimmten nun ihrerseits
zwei Männer aus der Gemeinde, die die gleichen Anforderungen wie sie selber erfüllen
mussten. Der Bürgermeister benannte dazu ein bisheriges Ratsmitglied, das für
die nächsten vier Wochen Frager und damit Bürgermeister sein sollte. Diese
drei Männer mussten nun „dem alten Frager und Rat ir Trew (Treue) geloben und
schweren zu halten, das sie weder durch Lieb noch durch Layd, noch durch Miet
(Lohn, Geschenke, Bestechung) noch durch Mieteswan (Erwartung von Lohn usw.),
noch durch kayner ... Freuntschaft (im Sinne von Verwandtschaft) ...“.
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Rathaus in Auerbach war im 14. Jahrhundert
das später "alte Stadtschreiberei"
genannte Gebäude in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche. Erst 1418
erhielt es seinen heutigen Standort in der Mitte zwischen oberem und
unterem Marktplatz. |
„Die selben drey ersamen from Man“ wählten
nun 10 Männer aus, unter denen zum größten Teil bisherige Ratsmitglieder sein
sollten, weiter mussten sie „eelich gepron, eytel (rein, anständig) klug,
sytig und stille sein, nicht trunken, nicht Pölzludrer (Pelzdiebe), ... nicht
offen Eebrechern oder ... an der Unee (ungültige oder wilde Ehe) sytzen“.
In der Ratswahlordnung von 1354 folgen
noch einige weitere Einzelheiten, z.B. über die Wahl von 12 Schöffen, über
die Besetzung von Ämtern wie „Ambtleut als Kamrer, Pauleut“ (Kämmerer,
Bauleute) usw.. Ein wichtiges Anliegen war auch, dass „alle Kaufmanschaft Prot,
Wein, Pier, Flaisch ... gleichmessen“. Als Höchststrafe für Vergehen gegen
diese Ordnung wird ein Betrag von „sechzig und funf Pfunt“ festgeschrieben.
Leider ist die uralte Auerbacher
Ratswahlordnung nicht mehr im Original erhalten, sondern nur als Abschrift im
„Rechtsbuch“ der Stadt aus dem 16. Jahrhundert. (Die
Zitate in obigem Artikel stammen aus diesem Rechtsbuch, die Erklärungen in
Klammer vom Webmaster.)
letzte
Bearbeitung dieses Artikels am 19. August 2006
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