Stadttore
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Auerbachs Stadttore

Neben beiden Ringmauern und den zahlreichen Türmen waren die drei großen Stadttore (im folgenden Plan rot markiert) die Haupteinrichtung der mittelalterlichen Befestigungsanlage.

Jedes der drei Stadttore war durch eine Brücke - früher war es eine Zugbrücke - mit dem äußeren Grabenrand verbunden.

Das Untere Tor

Das bedeutendste und auch schönste
der drei Stadttore war
das Untere oder Bamberger Tor (I),
das zwischen den Anwesen
Unterer Markt 15 und 20
seinen Platz hatte. Es bestand
aus einem gewaltigen Torturm,
beidseitig angebauten Häusern
und der Brücke über den Stadtgraben.
Die mächtigen Torflügel waren
aus Eichenbohlen gezimmert.
An ihrer Außenseite prangte der Ur,
das uralte Auerbacher Wappentier.

Für die Bevölkerung weithin sichtbar zeigte das große Zifferblatt der Turmuhr die Zeit an. Sie war ein Werk des Schlossers Andrä Hirn, der 1686 bis 1738 im Turm des Vorwerks (beim oberen Tor) wohnte, daneben an der Stelle des heutigen Anwesens Oberer Torplatz 5 (alt Nr. 267) seine Werkstatt hatte und solche Großuhren herstellte und weithin vertrieb. Diese Auerbacher Turmuhr soll allerdings recht ungenau gegangen sein, weshalb sie im Volksmund auch „Krautuhr“ genannt wurde. Unter der mechanischen Turmuhr war die schon ältere Sonnenuhr.
Für den Schutz und die Verteidigung dieses unteren Stadttores waren im Ernstfall die Zünfte der Metzger und der Gerber zuständig.
Durch das Untere Tor ritten Kaiser, Könige, Kurfürsten und Pfalzgrafen, Bischöfe und Äbte, Generäle, Offiziere und ihre Truppen in die Stadt ein.

So zogen z.B. 1641
ca. 15.000 Schweden
unter General Báner
durch das untere Tor
in die Stadt Auerbach ein.
Johan Báner (Johan Banner)
(1596-1641) war ein bedeutender
schwedischer Feldmarschall
im Dreißigjährigen Krieg.

Etwa gleich viele kaiserliche Soldaten verließen 9 Jahre später unter Graf Ottavio Piccolomini durch dasselbe Tor Auerbach wieder. Panduren und Kroaten 1704, österreichische Husaren und Dragoner 1743, Franzosen 1796, ja sogar russische Soldaten 1815 gelangten auf diesem Weg in die Stadt.
Joseph Köstler, der dieses Tor selber noch kannte, schreibt von „Friedens­bildern: wie der segnende Bischof durchs Tor schreitet, wie der Kuhhirt seit Jahrhunderten fast täglich mit seiner Herde durch diese enge Pforte zieht, wie Prozessionen, Leichen- und Hochzeitszüge hier vorbei defilieren, wie um Jakobi der Kirschenmann, das Krenweibl, der Zwiefelpeter unterm Tor ihre Waren feilbieten, wie der Torwärtl mit seinem Spieß vor dem Landrichter präsentiert und wie der Denunziant nächtlicher Weile seine Pasquille (Anmerkung: schriftliche Verleumdung, Schmähschrift) an die Mauer klebt.“ (1, Seite 67)

Johann Baptist Weber malte 1932 das untere Tor mit den anliegenden Anwesen. (aus 2, Seite 76) Nach seinem Abbruch 1869 wurde zur Erweiterung der Straße das Haus 120 ganz nach links zurückgesetzt (heute Unterer Markt 15). Das Haus 170 wurde aus dem gleichen Grund von der Turmseite her um einige Meter auf seine heutige Größe (Unterer Markt 20) nach Norden hin verkürzt.

Der Torturm des unteren Tores wurde erst 1592 für den jeweiligen Torwärter bewohnbar gemacht. Sein letzter Bewohner war der Flurwächter Bouillon, der sich rühmte, ein direkter Nachkomme der Kreuzritters und „Königs von Jerusalem“ Gottfried von Bouillon zu sein. Gang und Sprache, sowie ein königliches Wappen auf seiner Pfeife erinnerten wohl an eine mögliche vornehme Abstammung, verschiedene Gepflogenheiten und Eigenarten standen jedoch laut Köstler in krassem Widerspruch dazu: „Er war ein abgesagter Feind des Wassers, das er weder innerlich noch äußerlich anwendete. Sein an Größenwahn grenzender Stolz hinderte ihn nicht, in seinem herzoglichen Gemach mit Unterstützung einer gezähmten Hazel oder Elster eine derartige Unsauberkeit zu pflegen, daß sich auf dem Fußboden und in den Ecken des Zimmers veritable Kothaufen ansammelten und daß lichte Spinnengewebe die ohnehin erblindeten Buzenscheiben wie Gardinen dicht verfüllten.“ (1, Seite 69 f) Dieser Bouillon war in seiner Zeit wohl ein Auerbacher Original. Er bewohnte den Turm des Unteren Tores, bis dieser zusammen mit der angebauten Schmiede des „Finkenschmieds“ (heute Unterer Markt 15) 1868 abgerissen wurde, weil er dem langsam wachsenden Straßenverkehr im Wege stand.
Ein öffentlicher Backofen stand bis etwa 1860 gegenüber Haus Nummer 164 (Untere Vorstadt 2). Bewirtschaftet wurde dieser zuletzt 1820-45 vom Knopfmacher Paul Hofmann und 1846-58 vom Bäcker Kaspar Merkl. 1860 wurde er abgerissen und am Bachdurchlass in der Degelsdorfer Straße neu errichtet.

Das Obere Tor

Es wurde auch Amberger Tor (III)
genannt und lag etwa zwischen den heutigen Anwesen
Oberer Torplatz 1 und 18.
Der Torturm (Nr. 265) wurde
erst seit dem 16. Jahrhundert bewohnt.
Michl Gumperl, ein Schmied, hatte ihn
z.B. 1592-1618 zusammen mit der links
anliegenden Schmiede
(264, heute Oberer Torplatz 1)
und einer im Zwinger stehenden
Kohlenhütte gepachtet.

Dieser Torturm gehörte ab 1826 dem Friedrich Jakob Preis, der 1800 bis 1848 städtischer Nachtwächter war.
Das stadtauswärts auf der rechten Seite des Turms stehende Torweberhaus Nr. 37 (heute Oberer Torplatz 18) gehörte zunächst der Stadt, wurde aber im 30-jährigen Krieg verkauft. 
Durch den großen Brand, der am 31. August 1848 im Anwesen 264 des Nagelschmieds Johann Schneider (links am Turm; heute Oberer Torplatz 1) ausbrach, wurden der Torturm und die links und rechts angebauten Gebäude in Schutt und Asche gelegt. Weil das Tor sowieso als Verkehrshindernis angesehen wurde, kam dieses Feuer wohl nicht ungelegen und man baute es nicht mehr auf, sondern verbreiterte die Durchfahrt. Der Nachtwächter Preis erhielt eine angemessene Entschädigung, die Anwesen des Nagelschmieds und des Torwebers wurden größer und schöner wieder errichtet. Die Hausnummer 265 aber erlosch.
Das Obere Tor hatten im Ernstfall die Maurer und die Zimmerleute zu verteidigen.

Das Vorwerk

Beim Oberen Tor stand jenseits
des hier besonders breiten Stadtgrabens
das Vorwerkstor
(oben im Plan grün markiert),
welches einen zusätzlichen Schutz bot,
denn das Amberger Tor
war besonders schwierig zu verteidigen. 

Das Vorwerk wurde auch „Bastei“ oder „Barbigan“ genannt. Vom Oberen Tor aus stadtauswärts befand sich dazu ein weiterer Torturm, der mit einem eigenen Graben, „Grunft“ geheißen, umzogen war. Über die Grunft führte wiederum eine Brücke, an deren äußerem Ende stadtauswärts rechts das Torwärterhaus Nr. 33 (heute Oberer Torplatz 16) stand.
Den verschiedenen Schmieden und den Schlossern war die Verteidigung des Vorwerks anvertraut. Bei diesem befand sich der gemeindliche Backofen, den z.B. ab 1843 etwa 40 Jahre lang der Maurer Athanasius Krix (Haus Nummer 30, heute Oberer Torplatz 13) bzw. seine Tochter Kunigunde bewirtschaftete. Als 1907 das Torwärterhäusl abgerissen und durch Oberer Torplatz 16 ersetzt wurde, verschwand auch der Backofen von seinem angestammten Platz und wurde auf dem Schwemmweiher neu errichtet.

Johann Baptist Weber malte auch die mächtige Anlage des oberen Tores mit seinem Vorwerk.
Direkt auf dem Vorwerk, ans Torgebäude angebaut, stand (rechts) jahrhundertlang eine Schmiede (267, heute etwa Oberer Torplatz 5). Ebenfalls an diesen Torturm angebaut war links ein „clain Heusel“ (35, heute etwa Oberer Torplatz 17), welches ebenfalls lange städtisches Eigentum war.
Das Häuschen im Vordergrund rechts (Nr. 33) war wie schon gesagt die Wohnung des Torwärtls, der für das pünktliche Schließen und Öffnen des Tores verantwortlich war (siehe weiter unten). Nebenbei betrieben die Torwächter ein Gewerbe oder waren Taglöhner, weil das von der Stadt bezahlte Einkommen sehr niedrig war.

1909 kaufte der Maurermeister
Joseph Schwemmer Anwesen Nr. 33.
Seine Witwe Katharina ließ es
wenige Jahre später abbrechen
und an die Stelle des Torwärterhäusls
dieses immer noch schmucke Haus
(Oberer Torplatz 16;
Foto aus 1, Seite 109) errichten.
1963 bis 1978 gehörte es
Dora und Hans Weiß,
die hier ihr Fotogeschäft betrieben.

Mit diesem Ausschnitt
eines Stadtplans von 1839
(nach 2, Seite 111) soll
die Lage der Gebäude
beim ehemaligen oberen Tor
nochmals verdeutlicht werden:
265 Turm des oberen Tores,
34 Turm des Vorwerks,
33 Haus des Torwärtls.
Auf dem freien Platz x
steht heute das Haus 289
(Oberer Torplatz 6).

Das Vorwerkstor wurde nach dem Großbrand vom 27. Juni 1868 nicht wieder aufgebaut; seine Überreste, aber auch der auf vorstehendem Plan gut zu sehende Stadtgraben mit dem doppelten Mauerring,  verschwanden vollkommen.

Das Mittlere Tor

Dieses ehemalige Stadttor,
um 1450 am Ausgang
der heutigen Apothekergasse
errichtet, wurde auch Grabentor
oder Nürnberger Tor (II) genannt.
Dem Bamberger und dem
Amberger Tor stand es an Größe,
Bedeutung und Schönheit nach.

1592 wurde im Mittleren Tor eine Wohnung für den Torwächter eingerichtet. Auch die Hebamme dieses Stadtbezirks wohnte darin.
Für die Verteidigung dieses Tores waren die Zünfte der Becken (Bäcker), Melber (Mehlhändler) und Müller bestimmt.
Im 30jährigen Krieg wurde es aus Sicherheitsgründen mit einem Erdwall zugeschüttet. Trotzdem passierte an dieser Stelle  am 14. April 1634 praktisch die einzige Einnahme der Stadt, und zwar durch bairische Truppen. Die Soldaten des Hauptmanns Schnabel raubten dabei alles, was nicht niet- und nagelfest war.
1887 kaufte die Stadt das Mittlere Tor aus Privathand zurück und ließ es um die Jahrhundertwende aus den gleichen Gründen wie bei den anderen Toren abbrechen.

Weitere „Türlein“
Außer den drei großen Toren gab es auch noch kleinere "Türlein" in der Auerbacher Stadtmauer.
So war auch an der Nordflanke des Stadtmauerrings eine Öffnung, allerdings nur ein kleines „Mauertürl“ für Fußgänger und Kleinvieh; im Volksmund hieß es deshalb auch „Schaftürl“. Es war wohl erst im 18. Jahrhundert neben der Stelle, wo der Bach in die Stadt einmündete, in die Mauer gebrochen worden.
Auch vom Schloss aus konnte man die Stadt verlassen. Wie die anderen Öffnungen in der Mauer war auch diese in Kriegszeiten besonders anfällig. Deshalb ließ z.B. 1621 Oberstleutnant Erff von der in Auerbach lagernden bairischen Garnison vor dieses Schlosstürl als Schutz eine große mit Steinen gefüllte Kiste stellen.
Ein weiteres Tor, das allerdings nicht zur eigentlichen Befestigung gehörte, stand in der Nähe des Stadtweihers zwischen dem Haus Untere Vorstadt 49 und dem ehemaligen Stadl des Bürgerspitals  (etwa Untere Vorstadt 49). Es wurde im 16. Jahrhundert errichtet und konnte bei Bedarf als zusätzlichen Schutz die Straße von und nach Michelfeld absperren. Abgerissen wurde das Vorstadt- oder Spitltor 1820 auf landrichterliche Anordnung hin.

Die Torwächter oder „Torwärtl“
Bei jedem der drei großen Stadttore, Unterem, Mittlerem und Oberem Tor, war früher jeweils ein eigener Torwächter aufgestellt. Diesen für die damalige Zeit wichtigen Posten übten meist resolute und gewandte, jedoch häufig verarmte Bürger aus. Sie wurden eigens vom Rat der Stadt ernannt, verpflichtet und auch besoldet. Ein Fremder oder ein Tagwerker konnte nicht „Torwärtl“ werden, da dieser Posten eben den Bürgern vorbehalten war.
Hauptaufgaben waren die eingehende Kontrolle ankommender Fremder und das Öffnen und Schließen der Tore zur festgesetzten Zeit, nämlich morgens 5 Uhr (im Sommer 4 Uhr) und abends 21 Uhr (im Sommer 22 Uhr). Damit jedermann sich genau an diese Zeiten halten konnte, wurde vom Kirchturm bis etwa 1850 das „Torsperrglöckl“ geläutet. Außerhalb dieser Öffnungszeiten wurde gegen eine besondere Gebühr nur das Untere Tor für später Ankommende geöffnet, sofern diese ortsbekannt und, wie es in der Anweisung für den Torwärtl ausdrücklich hieß, nüchtern waren. In Kriegszeiten und während großer Seuchen wurden die Torschlüssel während der Nacht aus Sicherheitsgründen beim je­weiligen Bürgermeister hinterlegt.

Als für damalige Verhältnisse
wichtiges Gebäude
stand neben jedem Tor
bis herauf ins 20. Jahrhundert
ein gemeindeeigener Backofen.
Diesen betreuten ursprünglich
der „Torwärtl“ oder seine Frau,
die sich damit einen kleinen
Nebenverdienst sicherten.
Hier der alte Backofen
beim oberen Tor.

Der Bedeutung ihres Amtes gemäß hatten die Torwärtl auch noch einige Privilegien. So durften sie sich z.B. von jedem durch ihr Tor eingefahrenen Klafter Holz ein Scheit nehmen; bei Kraut- und Kartoffelfudern galt dies ebenso. Die drei Torwärtl hatten zudem das Recht, gemeinsam an Neujahr eine Sammlung durchzuführen, um dadurch ihre doch recht bescheidene Einkommenssituation zu verbessern.

verwendete Quellen

1

Köstler, Joseph (1849-1925), Chronik der Stadt Auerbach, Band 16 des handgeschriebenen siebenundzwanzigbändigen Werkes, Lagerort Rathaus der Stadt Auerbach i.d.OPf.
2 Kugler, Hans-Jürgen, Auerbach in der Oberpfalz, Die Geschichte seiner Häuser und Familien, Band I, Auerbach 2008

Horch, was kommt von draußen rein

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 11. März 2011

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