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Die
Rußhütte
Knapp drei
Kilometer westlich vom Stadtzentrum Auerbachs liegt, leicht zu erreichen über
die Siechen- und Rosenhof-Siedlung oder über die „Hohe Straße“ der Weiler
Rußhütte. (Luftbild,
BayernAtlas)
Das einzige Anwesen, Bauernhof und Gasthaus mit Pension
(Tel. 09643 1376) in einem,
liegt idyllisch am Waldrand und kann Ausgangs- und Zielpunkt schöner
Wanderungen sein, z.B. in den Herzogswald und zu den Kammerweihern.
Unmittelbar
neben dem geräumigen Parkplatz hat die Stadt Auerbach einen interessanten und gern
aufgesuchten Kinderspielplatz
eingerichtet.
Die Gegend um die Rußhütte und den nahen Rosenhof wird – vielleicht
erstmals schriftlich – im Salbuch Kaiser Karls IV. von 1368 genannt. In einer
Aufzählung derer, die „Reutzinse von dem walde“ zahlen müssen, heißt es
u. a.: „Die Helwegninn 4 morgen in der Rosenreut. - Des Pogners kinde 3 ½
morgen in der Rosenreut.“ (1, Seite 126)
Den
Name Rußhütte wird man in dieser Zeit allerdings vergeblich suchen, denn der
taucht erst einige Jahrhunderte später auf.
Erste
bairische Kienrußfabrik
1795
genehmigte und förderte der damalige Auerbacher Landrichter Simon Andreas von
Grafenstein die Errichtung einer Kienrußfabrik in einem Waldstück, das zum
Kloster Michelfeld gehörte. Im Amberger Wochenblatt wird bald darauf diese
Firmengründung als eine ganz hervorragende, welthistorische Tat des
Landrichters gepriesen, die zu den kühnsten Hoffnungen berechtige. Die Fabrik
erhielt den schönen Namen „Rosenmühle“, obwohl dort weder eine Mühle noch
eine Rose war. Die schon genannte Flurbezeichnung Rosenreut und der bereits
bestehende benachbarte Rosenhof verschafften der Neugründung diesen
wohlklingenden, fast poetischen Namen. Erster Betreiber der Kienrußfabrik
Rosenmühle war Georg Lord aus Michelfeld.
Was
ist eigentlich Kienruß?
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Der
Kienruß
war früher
ein gängiges Mittel
zum Schwärzen,
wie ein alter Lexikonartikel
sagt.
(2, Seite 392 f)
Er diente z.B. als
Druckerschwärze
und als Farbzusatz
bei Leinölfarben.
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Mit Schweineschmalz
vermischt erhielt man Schuhwichse, auch Schusterschwärze genannt, zum
Einfärben und Polieren von Schuhen und Stiefeln.
So funktionierte ein Kienrußofen: (Bild aus 3, Seite 39)
Der Kienruß „wird in
Kienbrennereien od. Kienhütten bereitet. In diesen
befindet sich der Kienbrennofen, ein halbrunder, ausgemauerter Ofen, vorn mit
einem, durch eine Thür verschließbaren
Schürloch u. einigen Zuglöchern, die mit Steinen zugesetzt werden können; auf
der andern Seite ist ein 2–3 Fuß großes Loch, an welches ein gemauerter, 6
Fuß langer Kanal od. liegender Schornstein stößt, dieser endigt sich in einer
hölzernen, inwendig mit Lehm überzogenen, selten steinernen Kammer (Rußkammer),
die 6–8 Fuß lang u. breit u. 12–18 Fuß hoch ist, an der Seite eine Thüre
zum Hineingehen hat u. oben mit einem großen pyramidenförmigen, leinenen od.
wollenen Sacke bedeckt ist, durch dessen Gewebe allein die am Feuerherde
eintretende Luft wieder abziehen kann. In dem Ofen verbrennt man Kienholz, ein
harzreiches Holz vom Wurzelstamme der Föhren u. Fichten, die als Abfälle bei
der Harzgewinnung sich ergebenden mit Harz getränkten Rindenstücke u. die Überbleibsel
beim Pech- u. Theerschwelen ganz langsam unter sparsamem Luftzutritte, u. es
setzt sich dann der K., weil der Kanal vor Beginn des Kienbrennens vorläufig
angeheizt a. gehörig erwärmt wurde, blos in der Kammer u. dem Sacke an, von
welchem er alle Stunden durch gelinde Schläge mit einem Stocke auf den Boden
der Kammer herabgeklopft u. etwa aller 3 Tage zusammengekehrt wird. Nach
12–14stündigem Brennen läßt man den Ofen abkühlen. Der Ruß aus dem Sacke
ist der feinste u. dichteste (daher Pfundruß), weniger gut ist er an den Seiten
der Kammer u. am schlechtesten auf dem Boden u. den Seitenwänden des Kanals. Der
gesammelte Ruß wird in größere Fässer od. in kleine hölzerne Butten (Rußbutten)
geschlagen u. verkauft.”
(4, Seite 473)
Rußhütte
und Rußbrenner
Der Name Rosenmühle wurde nie so richtig gebräuchlich. Es dauerte auch nicht
lange, und das Anwesen hieß – zunächst im Volksmund – Rußhütte. Der
Betreiber der Fabrik wurde bald „der Rußbrenner“ oder "Rußerer" genannt.
In kurzer Zeit mussten all die schönen Hoffnungen, die sich auf die neue Rußindustrie
gründeten, begraben werden. Die
Fabrik konnte den erhofften Weltruf nicht erringen, ja die Firma kam trotz allen
Bemühungen über eine örtliche Bedeutung nicht hinaus. Mit dem Tode von
Landrichter Grafenstein anno 1800 verlor die Rußhütte ihren Beschützer und Gönner.
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Die Grabtafeln von Simon Andrä von
Grafenstein und seiner Gemahlin Theres befinden sich in der Pfarrkirche
St. Johannes der Täufer in Auerbach beim Übergang vom Chorraum zum Schiff.
Landrichter von Grafenstein hatte 1795 die Errichtung der Kienrußfabrik bei der
heutigen Rußhütte vorangetrieben und gefördert.
Georg Lord erwarb nach der Aufhebung des Klosters Michelfeld 1803 das
Kienrußwerk zusammen mit 14 Tagwerk Grund als Eigentum. Er betrieb die Rußherstellung
mit wenig Erfolg weiter. 1809 verkaufte er das ganze Anwesen an seinen Sohn
Johann. Dieser hatte zwar nur ein Auge, war aber wohl recht tüchtig und führte
das Anwesen bis 1844, allerdings hauptsächlich als Land- und Forstwirtschaft;
die Rußfabrikation betrieb er nur mehr gelegentlich. Die
letzten Überbleibsel der einstigen Kienrußfabrik wurden erst 1955 im Zug von
Umbaumaßnahmen abgerissen.
Sein Nachfolger Anton Lord war zunächst nur mehr Landwirt. Er erweiterte
den landwirtschaftlichen Grundbesitz nach und nach auf 37 Tagwerk. Unter ihm und
seiner Ehefrau Caritas entstand dann auch die noch heute existierende
Gastwirtschaft.
1888 übernahm Tochter Katharina Lord das elterliche Anwesen und heiratete den
Landwirtssohn Johann Haberberger aus Auerbach. Sie wiederum gaben die Rußhütte
1903 an Sohn Georg weiter, der bei seinem frühen Tod 1911 seine Frau Maria mit
immerhin 8 Kindern zurückließ; der Grundbesitz war auf 41,5 Tagwerk
angewachsen.
Bis 1925 bearbeitete die Witwe Maria Haberberger mit ihren Kindern das Anwesen und führte auch
die Gastwirtschaft. Sohn Johann übernahm darauf die Rußhütte.
Bei einem verheerenden Brand im Jahre 1929 brannten das Haus, der Stall und der
Stadel ab. Johann und seine Frau Barbara bauten alles unter großen
Anstrengungen wieder auf.
Johann Haberberger war im Hauptberuf Waldarbeiter. In Ausübung dieser Tätigkeit
verunglückte er 1935 tödlich, als ihn beim Baumfällen ein gefrorener Ast
erschlug. Er war nur 38 Jahre alt geworden. Unweit der Unfallstelle auf dem
Fischsteiner Kirchweg erinnert ein Kreuz an diesen tragischen Unfall. Witwe
Barbara heiratete den Hans Kugler aus Nitzlbuch und übergab 1954 das Anwesen an
Sohn Richard (1930-90) aus erster Ehe. Dieser heiratete 1957 die Maria Hell aus
Ampfing in Oberbayern, deren Mutter, die „Oma“, von 1967 bis zu ihrem Tod
1985 auf der Rußhütte „Mädchen für alles“ war. Ein Jahr nach dem Tod von
Ehemann Richard (+ 13.08.1990) übergab Maria an Sohn Michael Haberberger, der nun zusammen
mit seiner Ehefrau Caroline, geb. Schleicher aus Weidlwang, „der Rußbrenner“
ist.
Schule
in Michelfeld, Kirche in Auerbach, Gemeinde in Ranna
Noch nach dem 2. Weltkrieg besuchten die Rußhüttner in Michelfeld die Schule,
fast eine Stunde Fußweg hin und die gleiche Zeit wieder zurück. Kirchlich gehörte
die Rußhütte zwar zur Pfarrei Auerbach, doch gingen deren Bewohner meistens in
Michelfeld auch in die Kirche; die Erstkommunion wurde in der Asamkirche
gefeiert, die Toten wurden auf dem Friedhof in Auerbach beerdigt.
Bis zum 31. Dezember 1971 gehörte die Rußhütte zur politischen Gemeinde Ranna.
Mit dieser erfolgte
1972 die Eingliederung nach Auerbach.
Strom
und Wasser
So idyllisch die Rußhütte auch liegt, umgeben von Wald und von Weihern, so
beschwerlich und anstrengend war für deren Bewohner das tägliche Leben, immer
verbunden mit harter körperlicher Arbeit.
Erst vor etwa einem halben Jahrhundert (1964) erhielt die Rußhütte elektrischen
Strom. Für die Beleuchtung wurden früher Petroleum- und Karbidlampen
verwendet, nach dem Krieg gab es dann schon Gas.
Der Anschluss an die öffentliche Wasserleitung
erfolgte 1967. Bis dahin holte
man
das Trinkwasser aus eigenen Brunnen,
für das Vieh aus dem nahen Weiher. |
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Auf der Rußhütte wurde zeitweilig auch eine Holzkohlenmeilerei betrieben. Das
dazu benötigte Wasser entnahm man der „Hüll“. Auf deren Stelle befindet
sich heute der Spielplatz für Kinder; der Grund dafür wurde von Richard
Haberberger zur Verfügung gestellt.
Erinnerung
an den 2. Weltkrieg
1945 in den letzten Kriegstagen wurde auch im Wald bei der Rußhütte gekämpft.
Dabei mussten drei junge deutsche Soldaten ihr Leben lassen. Sie stammten aus
Streitberg und Muggendorf in der nahen Fränkischen Schweiz, sowie aus Neustadt
an der Saale. Die Gefallenen wurden zunächst auf dem Michelfelder Friedhof
beerdigt, in späteren Jahren aber in ihre Heimatorte überführt. An diese
Kriegstoten erinnerten lange Zeit drei Grabmäler im Wald.
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Heute noch zu sehen ist ein Steinkreuz,
das an einen tragischen Unfall
einen Tag
nach Kriegsende erinnert:
Wolfgang Dornisch aus Auerbach
wurde am 9. Mai 1945
etwa 300 Meter von der Rußhütte entfernt
von einer Panzerfaustgranate grausam getötet.
Der Landwirt war mit seinem Kuhgespann
in den Wald gefahren, um
Bodenstreu
zu holen. Dabei muss er wohl mit der gefährlichen,
todbringenden
Munition aus Kriegstagen
in Berührung gekommen sein.
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Seit über 200 Jahren besteht nun das Anwesen Rußhütte
schon. Auch wenn die einstmals vielgepriesene Kienrußfabrik keinen großen
Erfolg und nicht lange Bestand hatte, so brachte doch die mehr oder weniger aus
der Existenzsorge heraus geborene Idee, ein Wirtshaus zu eröffnen und zu
betreiben, den Rußbrennern
mehr Glück.
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Die Rußhütte ist
ein gerne besuchtes
Gasthaus,
(Tel. 09643 1376)
das
seit einigen Jahren
auch moderne und preiswerte
Fremdenzimmer
anbietet.
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verwendete und weiterführende Quellen
1 |
Das „Böhmische Salbüchlein“ Kaiser Karls IV.
über die nördliche Oberpfalz, Oldenbourg Verlag 1973 |
2 |
Poppe, Johann Heinrich Moritz,
Ausführlichere Anleitung zur allgemeinen Technologie, Stuttgart und
Tübingen 1821 |
3 |
B. Bussard/H. Dubois, Leçons élémentaires de chimie, 1906
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4 |
Pierer's
Universal-Lexikon, Band 9, Altenburg 1860 |
letzte Bearbeitung dieses Artikels am 30. Januar
2022
Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
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